Im Zweifel einsperren
„Der Bund“ berichtet heute über einen Massnahmenvollzugspatienten, der ohne rechtsgültigen Hafttitel inhaftiert bleibt, weil Verwaltung und Gericht sich gegenseitig die Verantwortung zuschieben. Die Dauer des mit der Massnahme verbundenen Freiheitsentzugs ist bereits überschritten. Die Verwaltung ist aber der Meinung, der Betroffene dürfe nur und erst in die Freiheit entlassen werden, nachdem das Gericht die Massnahme förmlich aufgehoben habe. Das Gericht ist anderer Meinung und schiebt die Zuständigkeit an die Verwaltung.
Leider handelt es sich hier nicht um einen Einzelfall. Mir ist ein Fall bekannt, in dem sich Sachrichter, Zwangsmassnahmenrichter, Staatsanwaltschaft und Vollzugsbehörde den schwarzen Peter zuschieben, um die Entlassung zu verhindern.
Die Schweiz ist wohl das einzige Land, in dem Menschen allein deshalb eingesperrt bleiben, weil die Behörden darüber streiten, wer die Entlassung, die rechtlich unausweichlich ist, verfügen muss. Damit wird das Recht auf den Kopf gestellt. Es gilt nun folgende Maximen:
- Aus der Haft zu entlassen ist nur, wer einen gültigen Entlassungstitel einer zuständigen Behörde vorweisen kann.
- Bund und Kantonen ist es untersagt, eine zuständige Behörde zu bezeichnen.