In dubio pro reo auch bei Vergewaltigung?
In Fünferbesetzung entschied das Bundesgericht über die staatsrechtliche Beschwerde eines wegen sexueller Nötigung, Vergewaltigung und mehrfacher sexueller Belästigung zu drei Jahren Zuchthaus und 12 Jahren bedingter Landesverweisung verurteilten Beschwerdeführers (BGE 1P.657/2005 vom 18.04.2006). Das Urteil der Vorinstanz basierte, „da aussagekräftige objektive Beweismittel weitgehend“ fehlten, im Wesentlichen auf den Aussagen des Opfers, welche die Vorinstanz allerdings für einen Teil des Sachverhalts als „lebensfremd und unglaubhaft“ qualifiziert hatte. Auch für das Bundesgericht waren die Aussagen teilweise „schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar“. Insgesamt stellte es dann aber fest:
Damit legt das Appellationsgericht in einer sorgfältigen und differenzierten Würdigung der Aussagen der Beschwerdegegnerin nachvollziehbar und widerspruchsfrei dar, weshalb es deren Aussagen, soweit sie die Vorgeschichte betreffen, für unwahr und, soweit sie die anale Vergewaltigung betreffen, für nicht restlos überzeugend hält, es indessen keine vernünftigen Zweifel daran hat, dass der Beschwerdeführer an der Geschädigten jedenfalls einmal gegen deren Willen den Geschlechtsverkehr vollzog (E. 4.3)
Zu diesem Ergebnis führte ganz offensichtlich auch das Verhalten des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer weist im Wesentlichen bloss auf (angebliche oder tatsächliche) Widersprüche in den Aussagen der Beschwerdegegnerin hin und legt weitschweifig seine Sicht der Dinge dar, wobei er allerdings nicht auf seiner im kantonalen Verfahren (in verschiedenen Versionen) abgegebenen, vom Appellationsgericht zu Recht als absurd bezeichneten Darstellung des Geschehens beharrt, sondern zum Teil an den Haaren herbeigezogene Mutmassungen vorbringt, wie sich der Vorfall auch abgespielt und wie sich die Beschwerdegegnerin die festgestellte Verletzung der Scheide (Blutungen) und der Brüste (Hämatome) zugezogen haben könnte (E. 4.3)
In einem gewissen Widerspruch zu diesen Erwägungen steht der Entscheid, dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Rechtsprechung zu bewilligen und seinen Vertreter mit immerhin CHF 2,000.00 zu entschädigen. Ich spekuliere, dass das Urteil nicht einstimmig erging.