Indizienprozess

Indizienprozesse sind für die Verteidigung die wohl schwierigsten, jedenfalls in den Rechtsmittelverfahren. Das erkennt man bspw. an der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichts (vgl. bspw. BGer 7B_282/2022 vom 22.05.2024):

Der Indizienbeweis ist dem direkten Beweis gleichwertig. Es ist zulässig, aus der Gesamtheit der verschiedenen Indizien, welche je für sich allein betrachtet nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf eine bestimmte Tatsache oder Täterschaft hindeuten und insofern Zweifel offen lassen, auf den vollen rechtsgenügenden Beweis von Tat oder Täter zu schliessen. Der Indizienprozess als solcher verletzt weder die Unschuldsvermutung noch die aus ihr abgeleiteten Teilrechte (Urteile 6B_429/2023 vom 31. August 2023 E. 2.3; 6B_219/2021, 6B_228/2021 vom 19. April 2023 E. 2.2; je mit Hinweisen) [E. 2.1]. 

Im vorliegenden Fall ist der Beschwerdeführer am Willkürbeweis gescheitert, der bei einem Indizienprozess eigentlich immer scheitern muss:

Schliesslich ist der Umstand zu betonen, dass es sich beim Verfahren vor den kantonalen Sachgerichten letztlich um einen Indizienprozess gehandelt hat: Damit hätte der Beschwerdeführer darlegen müssen, inwiefern auch der aus der Gesamtheit der verschiedenen Indizien gezogene Schluss geradezu willkürlich ist (E. 2.2).

Geradezu aussichtslos wird es, wenn dann noch die antizipierte Beweiswürdigung reinspielt:

Nach konstanter Rechtsprechung wird über Tatsachen, die unerheblich, offenkundig, der Strafbehörde bekannt oder bereits rechtsgenügend erwiesen sind, nicht Beweis geführt (Art. 139 Abs. 2 StPO). Die Strafbehörden können ohne Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) auf die Abnahme weiterer Beweise verzichten, wenn sie in vorweggenommener (antizipierter) Beweiswürdigung annehmen können, ihre Überzeugung werde durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert (…). Art. 139 Abs. 2 StPO ist die gesetzliche Umschreibung der Konstellationen, in welchen eine antizipierte Beweiswürdigung zulässig ist (…) [E. 2.1].

Verschiedene Indizien müssten eigentlich logisch verknüpft werden können und sich so zu einer eigentlichen Kette zusammenfügen lassen. U.a. das kommt bei der Beweiswürdigung rasch zu kurz. Ob es im vorliegenden Fall auch zu kurz kam, kann man dem Entscheid nicht entnehmen. Jedenfalls scheiterte auch hier die Willkürrüge.

Ähnlich ist es übrigens bei der Revision: je schwächer die Beweislage, je schwieriger die Revision.