Informationsanspruch bei der Hausdurchsuchung
Will die Untersuchungsbehörde anlässlich einer Hausdurchsuchung oder einer Edition Informationsträger “sicherstellen”, haben sie den Inhaber verständlich über seinen Siegelungsanspruch nach Art. 248 StPO zu informieren (BGer 1B_85/2019 vom 08.08.2019).
Die Beweislast für die Erfüllung der wirksamen Rechtsbelehrung liegt bei der durchführenden Behörde. Die Folgen der Beweislosigkeit sind indessen nicht ganz klar. Im vorliegenden Fall konnte dem Betroffenen jedenfalls nicht entgegengehalten werden, er bzw. seine Anwältin habe die Siegelung zu spät verlangt:
Der auf der (dem Bundesgericht nicht zugesandten) Rückseite des Protokolls über die Hausdurchsuchung offenbar enthaltene Hinweis auf Art. 248 StPO genügt nach der dargelegten Rechtsprechung insoweit nicht; dies hier umso weniger, als der Beschwerdeführer die Unterzeichnung des Protokolls verweigert hat. Ergibt sich aus den Akten demnach nicht, dass die kantonalen Behörden den Beschwerdeführer rechtzeitig und ausreichend über seine Rechte nach Art. 248 StPO informiert haben, kann diesem daraus, dass er nicht sofort um Siegelung ersucht hat, kein Nachteil entstehen.
Das Urteil verlangt in E4 eine informierte Willensentscheidung des Betroffenen für den Verzicht auf das ihm zustehende Recht der Siegelung, also eine Art Mirandawarnung für Durchsuchungen von Aufzeichnungen. Das ändert aber nichts daran, dass in dem Urteil E3 und Tenor 1 3. Teilsatz nicht zutreffen können. Die Bundesregierung kann keine gesetzliche Fristen, die sie in der StPO an sich selbst stellt, missachten, in dem sie bloss vorbringt, die Einhaltung von Bundesrecht sei übertrieben formalistisch (E3.3).
“Die Staatsanwaltschaft stellte das Entsiegelungsgesuch am 26. Oktober 2018 und damit innerhalb der Frist von 20 Tagen nach Art. 248 Abs. 2 StPO. Am 14. November 2018 setzte das Zwangsmassnahmengericht der Staatsanwaltschaft eine nicht erstreckbare Frist von 10 Tagen an, um ihm Akten und Gegenstände nachzureichen. Dem kam die Staatsanwaltschaft nach. Dieses Vorgehen ist im Lichte der dargelegten Rechtsprechung nicht zu beanstanden” (E3.4).
Dieses Vorgehen ist sehr wohl zu beanstanden. Wie ich das lese, meinte das Gericht mit “Akten und Gegenstände” nämlich die Vervollständigung des somit offenbar unvollständigen Ensiegelungsgesuchs der Staatsanwaltschaft vom 26. Oktober 2018. Da dieses Entsiegelungsgesuch am 14. November 2018 oder danach vollständig gestellt wurde und somit mehr als 20 Tage seit dem Siegelungsgesuchs vom 17. Oktober 2018 abgelaufen waren, war es nach Art 248 Abs 2 verspätet.
Die Konsequenz aus der Verspätung steht im gleichen Gesetz: ” … so werden die versiegelten … Gegenstände der berechtigten Person zurückgegeben.” Indem das Gericht die Sache in Tenor 1 bloss rückweist und somit die Gegenstände nicht zurückgibt, verletzt es Bundesrecht.