Internet(selbst)zensur in der Schweiz

Gemäss SonntagsZeitung (kostenpflichtig) und anderen Medien (NZZ online, Tagesanzeiger, Yoga’s Blog) wollen sich nun auch in der Schweiz zahlreiche Internet Service Provider selbst zensurieren. Die Idee ist auf den ersten Blick bestechend: Im Kampf gegen Kinderpronografie im Internet werden bekannte Sites mit einschlägigem Inhalt gesperrt und die Benutzer, welche die Sites aufrufen wollen, auf eine Informationsseite des fedpol umgeleitet. Die Provider verpflichten sich vertraglich, die Liste der gesperrten Sites weder zu veröffentlichen noch zu verkaufen.

Das Problem? So auf die Schnelle könnten es folgende sein:

  1. Der Erfolg ist höchst fraglich. Die Medien berichten berichten über angeblich spektakuläre Erfolge im Ausland, verschweigen aber, dass sich der Erfolg gar nicht messen lässt, da die Sperre relativ einfach zu umgehen ist.
  2. Die Liste schafft neue Gefahren. Wie Yoga’s Blog mit gutem Grund vermutet, dürfte es eine Frage der Zeit sein, bis sie öffentlich zugänglich ist und damit zum Gegenteil dessen beiträgt, was beabsichtigt war.
  3. Es machen nicht alle Provider mit. Einer wird in der SonntagsZeitung wie folgt zitiert:

    Es gibt allerdings auch Internet­anbieter, die die Mitarbeit veweigern. Einige fürchten sich vor Kundenschwund, andere hegen Zensurängste. Für Fredy Künzler vom Winterthurer Provider Init7 haben die Kinderschützer ihre Idee «nicht zu Ende gedacht». Er ortet technische Probleme bei der Aufdatierung der Liste, zudem sei die Zensurfrage rechtlich nicht geklärt. «Es ist nicht die Aufgabe der Schweizer Internetanbieter, Kinderpornografie in Ländern wie Russland zu bekämpfen.» Vorgezogen hätte Künzler die Schaffung eines Gesetzes, das die Sperrungen regelt. «Jetzt ist es so, als ob der Briefträger beim Austragen der Post diese noch auf illegale Sendungen überprüfen müsste.»

  4. Die Provider öffnen mit der Selbstzensur ein paar Büchsen, die sie so rasch nicht wieder schliessen können. Es werden andere Organisationen an sie herantreten und für ihre Klientel dasselbe verlangen.
  5. Die Liste könnte schon bald einen neuen Sorgfaltsmassstab setzten, dessen Verletzung strafrechtlich relevant sein könnte.
  6. Es ist nicht Aufgabe Privater, Information zu qualifizieren und allenfalls zu zensurieren.

Es liegt auf der Hand: Ginge es nicht um Kinderpornografie, für die man schlechterdings nicht sein kann, würden sich alle Informationsanbieter mit Händen und Füssen gegen jeden Ansatz von Selbstzensur wehren. Wenn sie sich dann aber eines Tages – vielleicht bei einem weniger anrüchigen Thema – wirklich wehren wollen, wird es zu spät sein.