Intransparente Rechtsprechung
Dass die Publikation aller Entscheide des Bundesgerichts mitunter wenig sinnvoll ist, kann anhand eines PRäsidialentscheids gezeigt werden (BGer 6B_373/2012 vom 04.07.2012). Es geht um eine verspätete Einsprache gegen einen Strafbefehl.Die beiden Erwägungen des Bundesgerichts lauten im Volltext wie folgt:
1.
Im angefochtenen Entscheid wurde eine Beschwerde des Beschwerdeführers abgewiesen, die sich dagegen richtete, dass auf eine Einsprache gegen einen Strafbefehl infolge Verspätung nicht eingetreten wurde. Die Vorinstanz begründet, weshalb der Einwand des Beschwerdeführers, er habe im Oktober 2011 ausser Haus übernachtet und seine Frau habe ihm die Zustellung des Strafbefehls vorenthalten, nicht durchdringe (Entscheid, S. 3, 5 f.). Mit dem vor Bundesgericht wiederholten Vorbringen vermag der Beschwerdeführer nicht darzulegen, dass die Auffassung der Vorinstanz gegen das Recht im Sinne von Art. 95 BGG verstossen könnte. Insoweit genügt die Beschwerde den Anforderungen von Art. 42 Abs. 2 bzw. Art. 106 Abs. 2 BGG nicht. Auf die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten. Mit dem sinngemäss geäusserten Anliegen um Kostenerlass hat sich der Beschwerdeführer an die Vorinstanz oder die zuständige kantonale Behörde zu wenden.2.
Auf eine Kostenauflage vor Bundesgericht kann ausnahmsweise verzichtet werden. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist damit gegenstandslos geworden.
Ganz uninteressant ist die Frage des Beschwerdeführers nach der rechtswirksamen Zustellung des Strafbefehls ja nicht. Wir erfahren aber leider nicht, wie er genau argumentiert hat und aus welchen Gründen er unterlag. Vielleicht würde es reichen, solche Entscheide in Lausanne aufzulegen. Wer für eine transparente Justiz eintritt, wird aber eher verlangen, dass auch die Rechtsschriften publiziert werden. Das wäre insbesondere bei Prozessurteilen (etwa wegen appellatorischer Kritik, Verweis auf andere Rechtsschriften, unzureichende Begründung) wertvoll und lehrreich.
Ist “Zahlungsbefehl” oben im Kommentar nicht ein Schreibfehler?
In den o.g. Fällen wäre die Publikation der Rechtsschriften für das Verständnis eigentlich unerlässlich und ich kann mich oft des Eindrucks nicht erwehren, dass das Bundesgericht öfters dialektisch argumentiert.
Solche Publikationen würden allerdings einen erheblichen Aufwand für die Anonymisierung bewirken. Ich würde mir ein vom Gericht unabhängiges Gremium wünschen, welches über den Umfang der Publikation entscheidet.
Ja klar, ich meinte Strafbefehl und korrigiere das gleich. Dass der Aufwand riesig wäre, ist mir auch klar. Die Idee eines unabhängigen Gremiums finde ich interessant. Dieses müsste m.E. die zu publizierenden Fälle und den Umfang der Publikation auswählen. Vielleicht würden ja schon 10 Fälle pro Jahr reichen.