Irreführende Rechtspflege?

Das Bundesgericht kassiert mit dem Entscheid 6B_179/2007 vom 27.10.2007 wieder einmal ein Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts (Einzelrichter; SK.2006.21 vom 01.03.2007), dessen “Erfolgsquote” vor Bundesgericht gegen Null zu tendieren scheint. Der Einzelrichter hatte den Beschwerdeführer zu einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu CHF 800.00 wegen Irreführung der Rechtspflege (Art. 304 StGB) verurteilt. Er warf ihm vor, den Behörden des Bundes eine nicht begangene strafbare Handlung angezeigt und damit den objektiven Tatbestand der Irreführung der Rechtspflege im Sinne von Art. 304 Ziff. 1 Abs. 1 StGB erfüllt zu haben. Der Beschwerdeführer habe in subjektiver Hinsicht gewusst, dass der von ihm den Behörden mitgeteilte Sachverhalt nicht der Wahrheit entsprach. Er habe somit insoweit wider besseres Wissen gehandelt.

Dies reichte dem Bundesgericht unter Hinweis auf die entsprechende Lehre zum objektiven Tatbestand nicht:

Das Merkmal der “strafbaren Handlung” ist ein objektives Tatbestandselement (BGE 86 IV 184 E. 2). Voraussetzung für die Erfüllung des objektiven Tatbestands von Art. 304 Ziff. 1 Abs. 1 StGB ist somit, dass der angezeigte Sachverhalt eine strafbare Handlung ist. Der Tatbestand von Art. 304 StGB ist nicht schon erfüllt, wenn der angezeigte Sachverhalt möglicherweise oder wahrscheinlich eine strafbare Handlung sein könnte. Geht der Täter fälschlicherweise davon aus, dass der von ihm den Behörden mitgeteilte Sachverhalt eine strafbare Handlung sei, kommt lediglich eine Verurteilung wegen (untauglichen) Versuchs (Art. 23 aStGB, Art. 22 Abs. 1 in fine StGB) in Betracht (E. 5.2.1).

Damit widerspricht das Bundesgericht der Auffassung des Vorderrichters wohl gar nicht, denn dieser beurteilt die Rechtslage nicht anders. Das Bundesgericht legt aber bei der Überprüfung von Entscheiden der Strafkammer des Bundesstrafgerichts offenbar einen strengeren Massstab an als bei Beschwerden gegen zweitinstanzliche kantonale Urteile, was etwa folgende Erwägungen zeigen:

5.2.2 Soweit die Vorinstanz mit ihren Erwägungen davon ausgehen sollte, der objektive Tatbestand von Art. 304 Ziff. 1 Abs. 1 StGB sei schon erfüllt, wenn der angezeigte Sachverhalt möglicherweise oder wahrscheinlich eine strafbare Handlung ist, verletzt sie Bundesrecht. Der objektive Tatbestand von Art. 304 Ziff. 1 Abs. 1 StGB ist nur erfüllt, wenn der angezeigte Sachverhalt eine strafbare Handlung ist.

5.2.3 Soweit die Vorinstanz davon ausgehen sollte, dass der angezeigte Sachverhalt jedenfalls zumindest einen der im angefochtenen Entscheid genannten Straftatbestände erfüllt, missachtet sie ihre Begründungspflicht und verletzt sie dadurch den Anspruch des Beschwerdeführers auf das rechtliche Gehör, da dem angefochtenen Entscheid nicht entnommen werden kann, welchen Straftatbestand der angezeigte Sachverhalt nach der Auffassung der Vorinstanz aus welchen Gründen erfüllt. Indem die Vorinstanz den Beschwerdeführer wegen Irreführung der Rechtspflege verurteilt hat, ohne zu begründen, weshalb und inwiefern das hiefür wesentliche Tatbestandsmerkmal der “strafbaren Handlung” erfüllt sei, verletzt sie Bundesrecht.

Der Einzelrichter hätte sich wohl einfach auf einen der in Betracht kommenden Straftatbestände festlegen müssen. Er hatte folgende Formulierung gewählt:

Insbesondere kommen in Betracht verbotene Handlungen für einen fremden Staat (Art. 271 StGB), möglicherweise versuchte Erpressung (Art 156 StGB), vor allem aber Anstiftung zur Bestechung eines fremden Amtsträgers (Art. 322septies StGB).

Diese Auswahlsendung erschien dem Bundesgericht offenbar ihrerseits als irreführend. Es hat dann aber nicht etwa selbst entschieden, sondern zur Ergänzung des Sachverhalts und zur neuen (sicherlich gleichen) Entscheidung zurückgewiesen und dem Beschwerdeführer die Kosten auferlegt:

Art. 105 Abs. 2 BGG verpflichtet das Bundesgericht somit nicht zur Sachverhaltsergänzung. Sind die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz lückenhaft, so dass die Gesetzesanwendung nicht nachprüft werden kann, so ist der angefochtene Entscheid im Verfahren der Beschwerde in Strafsachen – wie nach dem alten Recht im Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 277 BStP – aufzuheben und die Sache zur Ergänzung der tatsächlichen Feststellungen und zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

So kommt es vor, dass die in die Irre geführte Rechtspflege selbst als irreführend qualifiziert wird.