JStG: Kantone müssen Rechtsmittel für Haftsachen einführen
Art. 41 JStG sieht vor, dass die Kantone gegen jugendstrafrechtliche Urteile und Verfügungen ein kantonales Rechtsmittel vorsehen müssen. Weil der Kanton Zürich in Haftsachen (noch) kein solches zur Verfügung stellt, gelangte eine Jugendliche gegen einen Hafterstreckungsentscheid direkt ans Bundesgericht, das in einem zur BGE-Publikation vorgesehenen Entscheid zwar nicht darauf eintrat (1B_156/2007 vom 23.08.2007), aber die brennendsten Fragen trotzdem beantwortete. Die Fragestellung definierte das Bundesgericht wie folgt:
Im vorliegenden Fall stellt sich die grundsätzliche Frage, ob der kantonale Instanzenzug ausgeschöpft worden ist (Art. 80 Abs. 1 BGG), d.h. unmittelbar gegen den Haftverlängerungsentscheid des Zürcher Haftrichters im Jugendstrafverfahren Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht erhoben werden kann. Das Zürcher Recht sieht kein kantonales Rechtsmittel gegen diesen Entscheid vor (vgl. § 62 Abs. 4 i.V.m. § 380 Abs. 3 der Zürcher Strafprozessordnung vom 4. Mai 1919 [StPO/ZH]). Fraglich ist allerdings, ob diese Regelung mit Art. 41 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. Juni 2003 über das Jugendstrafrecht (Jugendstrafgesetz, JStG; SR 311.1) vereinbar ist, wonach die Kantone gegen Urteile und Verfügungen, die gestützt auf das Jugendstrafgesetz ergehen, ein Rechtsmittel an eine gerichtliche Instanz vorsehen müssen (E. 3).
Das Bundesgericht erkannte zunächst, dass Art. 41 JStG auch auf Haftsachen anwendbar sein muss:
Art. 41 JStG will den Rechtsschutz des Jugendlichen verbessern, und verpflichtet deshalb die Kantone, ein Rechtsmittel vorzusehen, mit dem Urteile und Verfügungen, gleichgültig ob von Gerichten oder Verwaltungsbehörden erlassen, bei einer gerichtlichen Instanz des Kantons angefochten werden können (…). Es ist kein Grund ersichtlich, ausgerechnet die Untersuchungshaft als einschneidendste freiheitsentziehende Massnahme von dieser Rechtsmittelgarantie auszuschliessen, und diese auf vorsorgliche Massnahmen gemäss Art. 5 i.V.m. Art. 12 ff. JStG zu beschränken.
Zudem bestehe auch in materieller Hinsicht ein Konnex, weshalb auch Haftsachen von einer auf das Jugendstrafrecht spezialisierten kantonalen Rechtsmittelinstanz überprüft werden müssen, bevor Beschwerde ans Bundesgericht erhoben werden kann.
Was aber ist zu tun, wenn der Kanton das Rechtsmittel gar nicht kennt?
Ein Verhafteter, auf den das Jugendstrafgesetz anwendbar ist, kann daher gestützt auf diese Bestimmung im Kanton ein Rechtsmittel gegen eine Haftanordnung oder -verlängerung erheben, und muss diese Möglichkeit auch ausschöpfen, bevor er Beschwerde ans Bundesgericht erheben kann. Bis zur Anpassung der kantonalen StPO muss die zuständige kantonale Instanz durch den Erlass einer Übergangsregelung auf dem Verordnungsweg oder durch die Bezeichnung des Gerichts im Einzelfall bestimmt werden. Hierfür kann auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu den Rechtsmittelgarantien der Art. 6 EMRK und Art. 98a OG (nach Ablauf der Übergangsfrist am 15. Februar 1997) verwiesen werden (vgl. BGE 123 II 231 E. 7 S. 236 f. mit Hinweisen) (E. 3.4, Hervorhebungen durch mich).
Das schliesst nicht unbedingt aus, dass das Bundesgericht in einem solchen Fall aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung und des Vertrauensschutzes trotzdem “einspringt”. Vorliegend trat es aber nicht ein, weil die Beschwerdeführerin inzwischen aus der Haft entlassen worden war.