Justizöffentlichkeit

Das Bundesgericht klärt in Dreierbesetzung eine grundsätzliche Frage mit verfassungsrechtlichen Auswirkungen (BGer 1B_103/2021 vom 04.03.2022): Kann ein Strafanzeiger Akteneinsicht durchsetzen, wenn die Nichtanhandnahmeverfügung bereits “rechtskräftig” ist? Das Bundesgericht bejaht die Frage, falls das Akteneinsichtsrecht bereits vor Eintritt der formellen Rechtkraft bestand und heisst eine Laienbeschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gut:

Wie bereits erwähnt, ist vorliegend das Recht auf Einsicht in eine nicht rechtskräftige Nichtanhandnahmeverfügung strittig. Vor dem Hintergrund der soeben dargestellten bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Justizöffentlichkeit ist dem Beschwerdeführer ohne Weiteres darin zuzustimmen, dass dieser Grundsatz auch nicht rechtskräftige Nichtanhandnahmeverfügungen erfasst. Im vorliegenden Fall stand dem Beschwerdeführer somit bereits vor Eintritt der formellen Rechtskraft ein grundsätzlicher Anspruch auf Einsicht in die strittige Nichtanhandnahmeverfügung zu (E. 3.3).

In der Sache geht es um eine Strafanzeige des freigestellten Heilmittelinspektors gegen die Regierungsräte des seines Kantons Zug. Die kantonalen Behörden verweigerten die Akteneinsicht in Verletzung des Grundsatzes der Justizöffentlichkeit (Art. 30 Abs. 3 BV). Dass es durch die Nichtanhandnahme gar nie zu einem gerichtlichen Verfahren kam, stört das Bundesgericht unter Berufung auf BGE 134 I 286 E. 6.3 und BGE 137 I 16 E. 5 und 6 nicht. Zudem verzichtete das Bundesgericht darauf, ein aktuelles Rechtsschutzinteresse zu verlangen, denn die Frage sei von grundsätzlicher Bedeutung.