Kafkaesk anmutendes Strafverfahren in Zürich

In einem zürcherischen Übertretungsstrafverfahren wird gegen eine GmbH und deren Geschäftsführer wegen Verstosses gegen das Lotteriegesetz ermittelt. Die Beschuldigten und ein Rechtsanwalt stellten in diesem Strafverfahren ein Ablehnungsbegehren gegen den Verfahrensleiter, das dieser gleich selbst abwies, was an sich bereits ein Unding ist, aber in Zürich offenbar zugelassen wird. Bei der Abweisung liess es der Verfahrensleiter freilich nicht bewenden. Vielmehr eröffnete er ein paar Tage nach seinem Entscheid eine Strafuntersuchung gegen den Rechtsanwalt, der ihn kurz zuvor ablehnen wollte. Der Grund für die Eröffnung des Verfahrens ist nicht bekannt. Dass der Rechtsanwalt nun ein Ausstandsgesuch gegen den Verfahrensleiter stellte, kann nicht erstaunen. Erstaunen mag aber vielleicht, dass dieses Ausstandsgesuch durch alle Instanz erfolglos blieb.

Die Begründung des Bundesgerichts (BGer 1B_213/2014 vom 27.08.2014) muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.

Es ist weder bekannt, weshalb der Beschwerdegegner gegen den Beschwerdeführer 2 eine Strafuntersuchung eröffnete, noch warum er das am 16. Januar 2014 tat. Die Eröffnungsverfügung enthält dazu keine Angaben, was rechtens ist, da sie weder begründet werden muss noch anfechtbar ist (Art. 309 Abs. 3 StPO). Über die Gründe, weshalb diese Strafuntersuchung zu diesem Zeitpunkt eröffnet wurde, kann daher – was die Beschwerdeführer auch ausgiebig tun – nur spekuliert werden. Damit lässt sich ein Ablehnungsgesuch nicht mit Erfolg begründen. Die zeitliche Abfolge allein beweist nicht, dass der Beschwerdegegner die Strafuntersuchung gegen den Beschwerdeführer 2 nur eröffnete, um ihm wegen des missliebigen Ablehnungsgesuchs im Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer 1 eins auszuwischen und ihm die weitere Vertretung des Beschwerdeführers 1 zu erschweren, mithin aus einem sachfremden persönlichen Rachemotiv.

Es steht im Übrigen entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer keineswegs fest, dass dem Statthalter der Inhalt der sichergestellten E-Mails zwischen den beiden Beschwerdeführern, auf denen nach ihrer Mutmassung der Tatverdacht gegen den Beschwerdeführer 2 offenbar beruhen soll, seit dem 24. November 2011 aufgrund des Sachverständigenberichts von E bekannt war. Das Obergericht geht im angefochtenen Entscheid jedenfalls nicht davon aus, und die Behauptung der Beschwerdeführer, dies ergebe sich aus dem erwähnten Bericht, konnte es nicht überprüfen, weil er ihm nicht vorlag (angefochtener Beschluss E. 3.3 S. 8 2. Absatz). Dieser Bericht – Urkunde Nr. 41 gemäss Aktenverzeichnis des Statthalteramts Horgen – fehlt in den Akten, die zurzeit im Verfahren 1B_197/2014 beim Bundesgericht liegen und die, dem Antrag der Beschwerdeführer entsprechend, für das vorliegende Verfahren zugezogen wurden. Nachdem die Beschwerdeführer aber aufgrund des angefochtenen Beschlusses wussten, dass der erwähnte Bericht nicht in den Akten liegt, hätten sie ihn dem Bundesgericht einreichen müssen, um sich mit Erfolg auf ihn zu berufen (E. 3.3).
Das ist ein weiterer Entscheid, der an der Schweiz als Rechtsstaat zweifeln lässt. Oder glaubt wirklich jemand, der Verfahrensleiter sei in der Lage, die Untersuchung unabhängig zu führen?