Kein Anspruch auf Konfrontation mit unglaubwürdigen Entlastungszeugen

Ein wegen Menschenhandels verurteilter Beschwerdeführer hat vor Bundesgericht beanstandet, die Vorinstanz habe seinen Antrag auf Befragung von B. und C. zu Unrecht abgewiesen. Damit habe sie seine Verteidigungsrechte nach Art. 29 Abs. 2 und Art. 32 Abs. 2 BV sowie Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK verletzt (Beschwerde Ziff. 3 und 13).

Das Bundesgericht (BGer 6B_1013/2009 vom 26.03.2010) äussert sich zunächst zum Recht, Fragen an Belastungszeugen zu stellen:

Die Vorinstanz geht richtigerweise davon aus, die belastenden Aussagen von B. und C. seien nicht verwertbar, da die Beschuldigten nie die Gelegenheit hatten, diesen Ergänzungsfragen zu stellen. Nachdem es zu keiner Verwertung der belastenden Aussagen der beiden Frauen kam, kann der Vorinstanz auch keine Verletzung des Anspruchs auf Konfrontation mit den Belastungszeugen nach Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK vorgeworfen werden (E. 4.2.2.).

Anschliessend befasst sich das Bundesgericht mit dem Anspruch auf Konfrontation mit Entlastungszeugen, den es bloss als relativ qualifiziert; relativ insofern, als hier die antizipierte Beweiswürdigung greifen kann:

Der Anspruch auf Befragung von Entlastungszeugen ist, im Unterschied zum Anspruch, Belastungszeugen Fragen stellen zu können, lediglich relativer Natur. Der Richter hat nur solche Zeugen vorzuladen, die nach seiner Würdigung rechts- und entscheiderhebliche Aussagen machen können. Ein Verzicht auf die Befragung von weiteren Zeugen ist zulässig, wenn sich das Gericht aufgrund der bereits erhobenen Beweise seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür in vorweggenommener Beweiswürdigung annehmen kann, dass die abgelehnten Beweisanträge nichts an seiner Überzeugung zu ändern vermögen (BGE 134 I 140 E. 5.3; 129 I 151 E. 3.1; je mit Hinweisen). Weder aus Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK noch aus Art. 29 Abs. 2 BVoder Art. 32 Abs. 2 BV ergibt sich ein Anspruch, einen Entlastungszeugen zur Wiederholung einer bereits abgegebenen Aussage erneut einvernehmen zu können (Urteil des Bundesgerichts 6P.90/2002 vom 6. Februar 2003 E. 2.2) (E. 4.3.1).

So weit so gut. Nun kam die Vorinstanz aber zum Ergebnis, die entlastenden Aussagen seien völlig unglaubwürdig. Gemäss Bundesgericht durfte sie den Antrag der Verteidigung – in antizipierter Beweiswürdigung – aber dennoch abweisen:

Die Vorinstanz erwägt, die Bemühungen der Frauen, die Hintermänner ja nicht zu belasten, seien offensichtlich. Dies namentlich, soweit diese geltend gemacht hätten, sie seien selber in die Schweiz eingereist und hätten sich im K. nach Arbeit erkundigt. Auf die entlastenden Aussagen von B. und C. könne nicht abgestellt werden, da diese völlig unglaubwürdig seien (…). Damit bringt die Vorinstanz zum Ausdruck, dass eine erneute Befragung am Beweisergebnis nichts zu ändern vermöchte. Sie durfte den Antrag auf Einvernahme der beiden Frauen als Entlastungszeuginnen daher in antizipierter Beweiswürdigung abweisen, zumal deren Befragung mangels Kenntnis ihres Aufenthaltsortes innert nützlicher Frist auch nicht hätte durchgeführt werden können (4.3.2).

Der Kunstgriff der antizipierten Beweiswürdigung kann somit auch dazu führen, dass Entlastendes zum Vornherein unglaubwürdig ist. Es kann nicht sein was nicht sein darf.