Kein Schutz der Privatsphäre ausserhalb des alleinigen Hausrechts

In einem neuen Urteil des Bundesgerichts (BGer 6B 1149/2013 vom 13.11.2014) ist folgender Sachverhalt zu lesen:

Am 20. März 2012 kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen X. und seinen Nachbarn A.Y., B.Y. und C.Y., die sich zu diesem Zeitpunkt auf dem Treppenpodest vor ihrer Haustür aufhielten. Gemäss Anklage soll X. sie dabei gegen ihren Willen vom Vorplatz des gemeinsam bewohnten Mehrfamilienhauses aus mit einer Videokamera gefilmt haben.

Selbst in einem Land wie der Schweiz, die sich rühmt, das Strafrecht nur als ultima ratio anzuwenden, müssen solche Schandtaten mit aller Härte des Gesetzes verfolgt und bestraft werden.

Im Kanton Luzern war die Verletzung des Privatbereichs durch ein Aufnahmegerät nach Art. 179quater StGB immerhin fünf Tagessätze wert. Das Bundesgericht korrigiert (nach auffallend langer Verfahrensdauer):

Die Vorinstanz gibt die bundesgerichtliche Rechtsprechung korrekt wieder. Allerdings übersieht sie, dass sich der vorliegende Sachverhalt von jenem in BGE 118 IV 45 wesentlich unterscheidet. Während es dort um den unmittelbaren Eingangsbereich eines Einfamilienhauses mit eigenem Garten gegangen war, spielte sich das Geschehen hier auf dem Vorplatz und Treppenpodest eines Mehrfamilienhauses ab, das der Beschwerdeführer und die Beschwerdegegner 2-4 gemeinsam bewohnen. Dabei handelt es sich um einen Bereich der Liegenschaft, der von beiden Wohnparteien gleichermassen genutzt wird und an dem diese je kein ausschliessliches Hausrecht besitzen. Entsprechend geniesst im Innenverhältnis zwischen den Hausbewohnern an den genannten Orten niemand denselben Schutz seiner Privatsphäre, wie dies in der eigenen Wohnung oder eben im nahen Eingangsbereich eines Einfamilienhauses der Fall wäre, an dem einer Partei das alleinige Hausrecht zusteht.

Folglich können die Beschwerdegegner 2-4 dem Beschwerdeführer gegenüber nicht geltend machen, sie hätten sich auf dem Treppenpodest in ihrem Privatbereich befunden. Damit fehlt es an einem objektiven Tatbestandselement von Art. 179quater Abs. 1 StGB (E. 1.3).