Kein Strafrabatt zugunsten des bedingten Vollzugs mehr?

Nach der Rechtsprechung zum alten Strafzumessungsrecht war unter bestimmten Voraussetzungen möglich, Freiheitsstrafen von über 18 bis maximal 21 Monaten auf 18 Monate zu reduzieren, um den bedingten Vollzug zu ermöglichen. Damit ist nun nach einem zur BGE-Publikation vorgesehenen Urteil des Bundesgerichts (6B_131/2007 vom 22.11.2007) unter dem neuen Recht Schluss:

Der Gesetzgeber hat diese [Grenzen] – teils nach eingehendem politischen Ringen – neu festgesetzt in der offenkundigen Meinung, dass damit der Bereich des Vorranges spezialpräventiver Gesichtspunkte klar umschrieben wird. Es bleibt kein Raum, diese Grenzen auf dem Weg der Gesetzesauslegung wieder zu relativieren und entgegen dem klaren Wortlaut einen erweiterten Grenzbereich offen zu halten, um besonderen Anliegen eines Täters entgegenzukommen (E. 3.3).

Für die Praxis wird sich allerdings kaum etwas ändern, weil das Bundesgericht den alten Rabatt mit der richtigen Begründung („Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters“, Art. 47 Abs. 1 StGB, ) jedenfalls im Ergebnis weiterhin zulässt. Wichtig ist dabei allerdings, dass die Richter bzw. wohl eher die Gerichtsschreiber der Vorinstanzen die Strafzumessung nach der neuen Rechtsprechung begründen.

Interessant fand ich die Begründung der Beschwerdeführerin, welche zu einer Freiheitsstrafe von 27 Monaten, davon 15 Monate bedingt, verurteilt worden war und für eine vollbedingte Freiheitsstrafe plädierte:

Die Beschwerdeführerin macht geltend, entgegen der Ansicht der Vorinstanz seien auch nach dem neuen Recht bei der Strafzumessung die Grenzwerte zu berücksichtigen, bei welchen noch der bedingte Strafvollzug (24 Monate) beziehungsweise der teilbedingte Vollzug (36 Monate) möglich sei. Dabei könne allerdings nicht weiterhin nur eine den Grenzwert um höchstens drei Monate übersteigende Strafe auf den Grenzwert herabgesetzt werden. Denn ob eine Strafe den Grenzwert nicht erheblich überschreite, bestimme sich nicht in absoluten Zahlen, sondern in Prozenten des Grenzwerts. Daher könne nicht nur eine Freiheitsstrafe von 27 Monaten, sondern auch noch eine (an sich angemessene) Freiheitsstrafe von 28-29 Monaten auf den Grenzwert von 24 Monaten herabgesetzt werden, bei welchem der vollbedingte Vollzug möglich sei. Selbst eine (an sich angemessene) Freiheitsstrafe von 30 Monaten könne unter diesem Gesichtspunkt auf 24 Monate herabgesetzt werden. Dies dränge sich schon deshalb auf, weil der Richter bei der Strafzumessung zu oft wenig wissenschaftlich und kaum begründet runde Zahlen bevorzuge, weshalb denn auch selten eine Strafe beispielsweise von 29 Monaten ausgefällt werde (E. 3.1, Hervorhebungen duch mich).

Das ist wohl alles richtig, aber das Bundesgericht konnte diese Argumentation natürlich nicht schützen, ohne die weit verbreitete Strafzumessungswillkür in der Schweiz offiziell zu anerkennen.