Kein Verzicht auf das Anwaltsgeheimnis

Wer versichert, er habe die ihm vorgeworfene Tat nicht begangen (“claims actual innocence”, was nicht dasselbe ist wie “plea of not guilty”), verzichtet implizit auf das Anwaltsgeheimnis. Der Verteidiger hat somit alles zu offenbaren, was ihm sein Klient anvertraut hat.

Diese Verfügung einer US-Bezirksrichterin in Cleveland, Ohio, hat das zuständige Appellationsgericht in einem äusserst interessanten Entscheid vom 9. September 2005 mit 2:1 Stimmen (!) aufgehoben. Es ist der erste und bisher einzige Entscheid eines amerikanischen Gerichts zu dieser Frage.

Dass die aufgehobene Verfügung gar nicht so abwegig ist, wie sie auf den ersten Blick erscheinen mag, ist aus der “dissenting opinion” von Appellationsrichter Boggs (seines Zeichens Chief Judge) ersichtlich, dessen Argumente aber im Entscheid selbst auf eher unzimperliche, aber dann doch überzeugende Weise zerpflückt wird.