Keine Durchsuchung des geamten Mail-Archivs von Drittpersonen
Das Bundesstrafgericht verweigert der Eidgenössischen Zollverwaltung in einem Mehrwertsteuerhinterziehungsverfahren die Entsiegelung des Mail-Archivs einer nicht beschuldigten Aktiengesellschaft (BStGer BE.2013.6 vom 29.10.2013).
Diesbezüglich zu beachten ist, dass Zwangsmassnahmen, die in die Grundrechte nicht beschuldigter Personen eingreifen, besonders zurückhaltend einzusetzen sind (…). Bei der Gesuchsgegnerin handelt es sich vorliegend nicht um eine Beschuldigte, sondern um eine durch eine Zwangsmassnahme betroffene Drittperson. Aus den Räumlichkeiten der Gesuchsgegnerin bereits beschlagnahmt wurden sämtliche aufgefundenen physisch vorhandenen Geschäftsunterlagen in Zusammenhang mit den im Hotel A. ausgestellten Kunstwerken, darunter auch in diesem Zusammenhang stehende ausgedruckte E-Mail-Nachrichten (…). Was sich die Gesuchstellerin aufgrund der Durchsuchung sämtlicher Mail-Archivdaten der Gesuchsgegnerin für die Untersuchung an zusätzlichen Informationen verspricht, ist wie bereits erwähnt, nicht ersichtlich (…). Der statutarische Zweck der Gesuchsgegnerin ist der Betrieb und Erwerb von Hotel- und Restaurationsunternehmungen (…), weshalb der weit überwiegende Teil der Mailarchivdaten der Gesuchsgegnerin mit dem Gegenstand der Untersuchung überhaupt nicht in Zusammenhang gebracht werden kann. Diesbezüglich ebenfalls mitzuberücksichtigen ist, dass diese Daten äusserst umfangreich sind, nachdem deren Spiegelung allein ca. 2 ¼ Stunden in Anspruch nahm und im Rahmen derer Abspeicherung in komprimierter Form 157 Logfiles erstellt wurden (…). Eine genauere Angabe über den Umfang der Daten ist den Aufzeichnungen der mit der Datensicherstellung beauftragten Person nicht zu entnehmen. In Abwägung all dieser Umstände erweist sich eine Durchsuchung der gesamten Mail-Archivdaten der Gesuchsgegnerin als unverhältnismässig. (E. 5.2).
Nicht gestossen hat sich das Bundesstrafgericht daran, dass die Zollverwaltung das Entsiegelungsgesuch erst zwei Monate nach der Hausdurchsuchung gestellt hat:
Vorliegend reichte die Gesuchstellerin ihr Gesuch knapp über zwei Monate nach Abschluss der Hausdurchsuchung ein. Diesbezüglich zu beachten bleibt, dass sie sich unmittelbar im Anschluss an die Hausdurchsuchung zuerst um eine Verständigung mit der Gesuchsgegnerin bemühte (…). Deren Mitteilung, definitiv an der Versiegelung festhalten zu wollen, erfolgte am 7. Mai 2013 (…), mithin rund 20 Tage nach der Hausdurchsuchung. Bis zur Einreichung des Gesuchs dauerte es danach rund 45 Tage. Angesichts dieser Umstände kann vorliegend – auch wenn die Gesuchstellerin allfällige Bemühungen um eine Einigung mit den jeweils Betroffenen in zeitlicher Hinsicht rasch vorantreiben sollte – mit Blick auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung nicht von einer Verletzung des Beschleunigungsgebots gesprochen werden (siehe zuletzt gerade das Urteil des Bundesgerichts 1B_641/2012 vom 8. Mai 2013, E. 3.3, wo eine Dauer von rund eineinhalb Monaten zwischen Hausdurchsuchung und Einreichung des Gesuchs als unproblematisch angesehen wurde) [E. 1.3.3].