(Keine) Geldwäscherei durch Auslandsüberweisung
Geldwäscherei ist nach schweizerischem Verständnis Einziehungsvereitelung. Die blosse Verlängerung des “paper trails” stellt daher in der Regel keine Tathandlung.
Das gilt auch für die Investition in Gebrauchswerte (BGE 6B_453/2017 vom 16.03.2018, Publikation in der AS vorgesehen). Nach dem zitierten Grundsatzentscheid des Bundesgerichts muss nun aber auch eine Auslandsüberweisung nicht tatbestandsmässig sein:
Nach Ansicht der Lehre erfüllt jede Überweisung ins Ausland von deliktisch erlangten Vermögenswerten den Tatbestand der Geldwäscherei, unabhängig davon, ob ein paper trail vorliegt oder nicht (….). Begründet wird dies im Wesentlichen damit, dass es nur selten vorkommen dürfe, dass exportierte Vermögenswerte auf dem Rechtshilfeweg zur Einziehung in die Schweiz zurücktransferiert werden (…). Zweck der Einziehung von deliktisch erlangten Vermögenswerten ist aber, dem organisierten Verbrechen oder dem Einzeltäter die finanzielle Basis zu entziehen (…). Ob die Einziehung im In- oder im Ausland erfolgt, ist in dieser Hinsicht belanglos. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Vermögenswerte in die Schweiz zurückgeführt werden. Geldwäscherei ist bei einer Auslandsüberweisung demnach nur dann zu bejahen, wenn die Transaktion geeignet ist, die Einziehung im Ausland zu vereiteln (7.2.2).
Das ist einer der wenigen Entscheide, der die Geldwäscherei eher einschränkt statt ausdehnt. Ein Optimist könnte daraus schliessen, dass das Bundesgericht das strafrechtliche Geldwäschereikonzept kritischer zu sehen beginnt.
EIne bizarre Begründung. Ich weiss schon gar nicht, auf welches Einziehungsrecht das Bundesgericht hier Bezug nimmt. Das schweizerische kann es jedenfalls nicht sein.
Da hat sich wohl jemand etwas gar kursorisch in die Materie eingelesen und vergessen, dass er sich in einem Kommentar zur Gesetzgebung gegen das organisierte Verbrechen befand. Unter diesem Arbeitstitel wird natürlich zu Recht ausgeführt, dass die Einziehung zum Zweck habe, dem Organisierten Verbrechen die Basis zu entziehen. Das ist aber die spezifische Optik dieses Kommentars, keine abschliessende Umschreibung des Zwecks der Einziehung.
Der generelle Zweck der Einziehung steht im Gesetz (art. 69 ff. StGB), und die dort umschriebene Einziehung wird durch die Verschiebung ins Ausland sehr wohl in praktisch allen Konstellationen vereitelt, schon weil das Ausland zum Beispiel das Institut der Ersatzforderung oft nicht kennt und entsprechend keine Rechtshilfe in der Vollstreckung leistet.
Das Bundesgericht überschätzt sich auch wenn es glaubt, die letztlich empirisch-praktische Frage, ob eine Einziehung durch eine bestimmte Handlung vereitelt wird oder nicht, rein juristisch deduktiv aus der Distanz beantworten zu können. Die zitierte Lehre ist genau der Frage der Vereitelung nachgegangen und hat ihre Einschätzung formuliert. Das Bundesgericht setzt sich darüber einfach hinweg und beruft sich dabei im Wesentlichen auf sein Bauchgefühl.
Nach dem Gesetz ist eine Handlung tatbestandsmässig, wenn sie geeignet ist, die Einziehung der Vermögenswerte zu vereiteln. Die hier fraglichen Vermögenswerte sind Forderungen. Deren Einziehung kann m.E. durch Banktransaktionen nie vereitelt werden.
… was zwar eine interessante Ansicht, aber leider falsch ist, da die Forderung ja in einem Kontoguthaben besteht, welches mit der auftragsgemässen Überweisung ins Ausland um die entsprechende Summe abnimmt. Welche Forderung möchten Sie dann noch bei der überweisenden Bank im Inland einziehen?
Hm, das hat was. Aber das gilt ja dann aber auch für Inlandüberweisungen. Muss mir das mal näher überlegen. Aber herzlichen Dank für den Hinweis.
Was die Inlandüberweisung anbelangt, geht man halt davon aus, dass die Einziehung (durch die schweizerische Strafbehörde) weiterhin möglich ist, daher die “ungleiche” Behandlung. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Täterschaft der deliktischen Transaktion i.d.R. eine Rechtfertigung in Form irgendeiner hanebüchenen Rechnung, sagen wir mal für Beratungsdienstleistungen, zu verschaffen versucht, was natürlich auch in Verbindung mit einer Inlandtransaktion an einen anderen wirtschaftlich Berechtigen eine Geldwäschereihandlung darstellen kann, da sie geeignet erscheint, die Einziehung zu vereiteln, weil die (zumindest vordergründig) gutgläubige Beratungsdienstleisterin ja eine Gegenleistung erbracht hat… spannendes Thema