Keine Parteientschädigung nach aufgehobener Strafverfolgung

In BGer 6B_143/2010 vom 22.06.2010 verweigert das Bundesgericht in Fünferbesetzung dem Beschwerdeführer trotz Aufhebung der Strafverfolgung (Einstellung des Verfahrens gegen ihn) eine Parteientschädigung.

Unter dem Aspekt der Unschuldsvermutung steckt das Bundesgericht zunächst die Rahmenbedingungen seiner Prüfungsdichte ab:

Wird eine Kostenauflage oder die Verweigerung einer Entschädigung wegen Verletzung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung angefochten, beurteilt das Bundesgericht mit freier Kognition, ob die Begründung des Kostenentscheids direkt oder indirekt den Vorwurf einer strafrechtlichen Schuld enthält. Nur auf Willkür prüft es demgegenüber, ob der Angeschuldigte in zivilrechtlich vorwerfbarer Weise gegen eine geschriebene oder ungeschriebene Verhaltensnorm klar verstossen und derart das Strafverfahren veranlasst oder dessen Durchführung erschwert hat (BGE 116 la 162 E. 2f) (E. 2.1).

Dann verweist das Bundesgericht auf seine Rechtsprechung zum zivilrechtlich vorwerfbaren Verhalten und hält unter Verweis auf nicht in der amtlichen Sammlung publizierte Entscheide fest, dass sich solches Verhalten auch aus dem UWG ableiten lasse.

Im vorliegenden Fall stützt das Bundesgericht seine Meinung auf eine (nicht bestätigte) einstweilige Verfügung und auf ein Schreiben des Anwalts des Beschwerdeführers, mit dem der Gegenpartei der Verzicht auf das Hauptverfahren mitgeteilt worden war:

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist die Designrechtsverletzung und das widerrechtliche Verhalten im Sinne von Art. 3 lit. d UWG durch diesen Entscheid des Gerichtspräsidenten 5 des Gerichtskreises Biel-Nidau vom 16. Dezember 2008 hinreichend erstellt. Dass dieser im Rahmen eines summarischen Verfahrens auf vorsorglichen Rechtschutz erging, steht dem nicht entgegen. Zwar trifft zu, dass im summarischen Verfahren eine Designrechtsverletzung bzw. ein unlauteres Verhalten gemäss Art. 38 Abs. 1 DesG und Art. 14 UWG i.V. mit Art. 28c Abs. 1 ZGB lediglich glaubhaft gemacht werden muss (…). Doch werden im Entscheid des Gerichtspräsidenten 5 die Verletzungen des Designgesetzes und des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb einlässlich und überzeugend begründet. Wie die Vorinstanz zutreffend erwägt, würde die Bestimmung von § 401 Abs. 1 Ziff. 2 StrV/BE ihres Sinnes entleert, wenn die Verletzung einer Verhaltensnorm stets in einem endgültigen Entscheid festgestellt werden müsste (…). Im Übrigen beschlägt die Prüfung, ob das Designrecht verletzt ist, eine Rechtsfrage, so dass sich die Frage, ob unbestrittene und klar nachgewiesene Umstände für die Annahme einer Designrechtsverletzung vorliegen, nicht stellt (E. 3.2.1).

Den letzten Satz verstehe ich nicht. Noch unverständlicher ist mir aber das nachfolgende Argument:

Schliesslich verweist die Vorinstanz auch zu Recht auf das Schreiben des Anwalts des Beschwerdeführers vom 7. Januar 2009 (…). In diesem Brief teilte dieser dem Rechtsvertreter der Firma A. GmbH mit, dass die B. GmbH sich verpflichte, sich definitiv an das richterliche Verbot zu halten, so dass kein Hauptprozess notwendig sei (Untersuchungsakten act. 282). In diesem Hauptprozess hätte aber gerade im ordentlichen Verfahren geprüft werden müssen, ob eine Verletzung des Designgesetzes und des UWG vorlag. Indem der Beschwerdeführer erklärte, der Hauptprozess sei nicht notwendig, anerkannte er letztlich die Beurteilung durch den Rechtsschutzrichter (E. 3.2.2).

Der Entscheid scheint auch fiskalisch motiviert zu sein. Insbesondere wenn man bedenkt, wie einfach eine vorsorgliche Massnahme im Summarverfahren erhältlich gemacht werden kann und wie hoch der Vergleichsdruck in immaterialgüterrechtlichen Streitigkeiten ist. Daraus ein zivilrechtlich vorwerfbares Verhalten abzuleiten, erscheint mir als sehr gewagt.