Keine Privatsphäre beim Treuhänder
In einem Strafverfahren gegen Y. (Steuer- und Urkundendelikte) erfolgte eine Hausdurchsuchung bei dessen Treuhänder X. Dort wurden namentlich die Festplatte des Computers nach 49 Suchbegriffen durchsucht. Das Suchergebnis ergab über 1,000 Dateien mit einem oder mehreren Suchbegriffen, die dann auf eine externe Festplatte kopiert wurden. Die Festplatte wurde versiegelt und vorläuftig beschlagnahmt. Das anschliessend gestellte Entsiegelungsgesuch der Strafverfolgungsbehörde wurde teilweise gutgeheissen. Abgewiesen wurde das Gesuch für Dateien, welche 21 bestimmte Suchbegriffe enthielten, die mit dem Strafverfahren nicht in Verbindung zu bringen waren. Gegen die teilweise bewilligte Entsiegelung gelangte der Treuhänder X. ans Bundesgericht, das seine Beschwerde abwies, soweit es überhaupt darauf eintrat (1B_206/2007 vom 07.01.2008).
Das Bundesgericht qualifiziert den angefochtenen Entsiegelungsentscheid aus der Sicht des selbst nicht beschuldigten Treuhänders als Teilentscheid,
Diesbezüglich liegt ein Teilentscheid im Sinne von Art. 91 lit. b BGG vor, welcher das Verfahren nur für den Beschwerdeführer, nicht für den Beschuldigten, abschliesst (E. 3.3).
macht jedoch darauf aufmerksam, dass es nur auf Verfassungsrügen eintreten könne, welche zudem der qualifizierten Rügepflicht genügten (Art. 95 lit. a und 106 Abs. 2 BGG). Genügend war offenbar die Rüge der Verletzung des Privatlebens (Art. 13 BV) des Treuhänders. Das Bundesgericht tritt darauf aber dennoch nicht ein:
Er beruft sich auf das Recht auf Achtung seines Privatlebens und den Schutz seiner persönlichen Daten gemäss Art. 13 BV. Das Beschwerderecht gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG setzt jedoch ein rechtlich geschütztes – das heisst: persönliches – Interesse voraus, weshalb der Beschwerdeführer seine eigene Privatsphäre, nicht jedoch jene seiner Klienten verteidigen kann (vgl. Urteile 1P.752/2003 vom 20. April 2004 E. 1.2; 1P.501/2002 vom 17. Dezember 2002 E. 2.1, beide zu Art. 88 OG, und BGE 131 IV 191 E. 1.2 S. 193 zu Art. 270 lit. a BStP). Soweit der Beschwerdeführer sich gegen den Eingriff in fremde Privatsphären wendet, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten (E. 6.2).
Das halte ich für fraglich oder jedenfalls für sehr verkürzt begründet. Art. 13 BV müsste doch auch beruflich genutzte Räumlichkeiten schützen und damit auch solche Daten, und zwar nicht nur bei Freiberuflern (vgl. dazu EGMR Nr. 41604/98, Urteil vom 28. April 2005, Buck v. Germany).
Ähnlich argumentiert das Bundesgericht auch bei der Rüge der Verletzung der Privatsphäre, indem es auf geschäftliche Natur der Beziehung zwischen dem Beschuldigten und seinem Treuhänder hinweist:
Der Beschwerdeführer pflegte als Treuhänder und Steuerberater mit dem Beschuldigten Y. Geschäftsbeziehungen. Die zur Suche der beschlagnahmten Dateien verwendeten Suchbegriffe stehen im Zusammenhang mit dem Strafverfahren gegen den Beschuldigten. Beides deutet darauf hin, dass die beschlagnahmten Computerdateien geschäftlicher Art sind. Es bestehen keine konkreten Hinweise dafür, dass auch Dateien aus der Privatsphäre des Beschwerdeführers beschlagnahmt worden wären und diese in keinem oder unverhältnismässig geringem Zusammenhang mit dem Strafverfahren gegen Y. stünden. Da ausser der allgemeinen, nicht weiter begründeten Rüge der Verletzung der Intim-, Privat- und Geschäftssphäre keine weiteren Anzeichen für einen Eingriff in die Privatsphäre bestehen, erweist sich die Rüge als unbegründet, soweit überhaupt darauf eingetreten werden kann (E. 6.4).
Apropos «Hausdurchsuchung»:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/27/27734/1.html («Über Durchsuchungsbeschlüsse, die aufgrund der Verwendung von Email-Adressen durch Fremde ergehen und andere Skandalfälle.»)