Keine Strafuntersuchungen gegen Walliser Polizisten

Das Bundesgericht weist die Beschwerde eines Strafanzeigers ab, der geltend gemachte hatte, Opfer einer polizeilichen Strafaktion geworden zu sein. Die kantonalen Behörden gaben der Strafanzeige keine Folge. Das Bundesgericht schützt diesen Entscheid in Fünferbesetzung (BGer 6B_529/2009 vom 22.12.2009). Es fasst die Rechtsprechung zu Art. 3 EMRK wie folgt zusammen:

2.2.2 Art. 3 EMRK verbietet in absoluter Weise nicht nur die Folter, sondern jede unmenschliche oder erniedrigende Strafe oder Behandlung. Der Staat muss gewährleisten, dass dieses Verbot von allen seinen Organen beachtet wird (positive Schutzpflicht des Staates). Es ist unerheblich, welches strafbare Verhalten dem Betroffenen angelastet wird. Jede physische Gewalt, die nicht unbedingt notwendig ist (“strictement nécessaire”), verletzt Art. 3 EMRK (Urteil Labita, a.a.O., Ziff. 120). Selbst wenn ein Bürger ein konventionswidriges Verhalten von Beamten beispielsweise nicht durch ein Arztzeugnis zu belegen vermag, aber ein solches Verhalten in vertretbarer Weise vorbringt (“affirme de manière défendable”) und sich plausible Verdachtsgründe ergeben (“soupçons plausibles”), muss eine vertiefte staatliche Untersuchung erfolgen (Urteil Labita, a.a.O., Ziff. 129 – 136). Das Verbot würde praktisch unterlaufen, wenn sich Beamte mangels wirksamer Untersuchung einer Bestrafung entziehen könnten (“quasi-impunité”; Urteile Labita, a.a.O., Ziff. 131, Assenov, a.a.O., Ziff. 102, Stoica, a.a.O., Ziff. 67). Ein Polizeikorps hätte es in der Hand, Übergriffe durch ein abgesprochenes Aussageverhalten der vertieften Abklärung zu entziehen, wenn vorschnell auf Erklärungen betroffener Beamter abgestellt und Beschuldigungen schon deshalb als unglaubhaft eingestuft würden (vgl. Urteil Stoica, a.a.O., Ziff. 73).

2.2.3 Eine Strafe oder Behandlung verstösst aber nur gegen Art. 3 EMRK, wenn sie ein gewisses Minimum an Schwere erreicht. Das ist im Einzelfall nach den gesamten Umständen zu beurteilen, insbesondere auch nach Dauer, physischen und psychischen Folgen, Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand (BGE 134 I 221 E. 3.2.1). Eine erniedrigende Behandlung ist die schwächste Stufe eines Verstosses gegen Art. 3 EMRK. Diese kann nach der neueren Rechtsprechung des EGMR vorliegen, wenn sie Gefühle der Furcht, Angst oder Inferiorität erzeugt, die demütigen oder herabwürdigen sollen wie etwa auch unnötige Nacktinspektionen. Eine Fesselung ist nicht erniedrigend, wenn dafür erwartete Reaktionen des Verhafteten vorliegen (FROWEIN/PEUKERT, Europäische Menschenrechtskonvention, 3. Auflage 2009, Art. 3 N 9).

Den Verzicht auf die Eröffnung einer Strafverfolgung durch die kantonalen Behörden war aus folgenden Gründen nicht konventionswidrig:

Es ist festzustellen, dass eine Polizeiwillkür bei der Verhaftung erstmals rund drei Monate nach der Verhaftung mit der Einreichung der Strafklage (oben E. B) behauptet wurde. In den Einvernahmen des Beschwerdeführers zu Beginn (act. I/14) und am Ende der Untersuchungshaft (act. I/46, 49 und 84) ist davon ebensowenig die Rede wie in den gleichzeitigen Befragungen der beiden später als Auskunftspersonen einvernommenen Angestellten, die allerdings nur zu den Vorkommnissen bei der Bergung des Lastwagens befragt wurden (act. I/32 und 37). Hingegen erklärte der Beschwerdeführer nach Einreichung der Strafklage in seiner Befragung am 27. Oktober 2008, T. habe sich ihm gegenüber “sehr korrekt” verhalten, und auch R. habe sich “bis auf zwei bis drei Dinge korrekt” verhalten (act. II/26). T. hatte ihn als erster angetroffen, hinausgeführt und in Handschellen gelegt (act. II/61 f.), während R. der Einsatzleiter gewesen war (act. II/58). Der Beschwerdeführer erklärte an dieser Befragung ferner, R. habe ihm und anderen Personen gesagt, “dass man [ihn] mit dieser Strafaktion in den Senkel stellen wolle” (act. II/27). R. wies das als absolut unwahr zurück (act. II/60).

Seiner Behauptung nach wäre “jeder der rund zehn Polizeibeamten vorbeigekommen und [hätte] ihm einen Schlag versetzt” (angefochtener Entscheid S. 6). Dieses Vorgehen müsste schmerzhafte und sichtbare Verletzungen hinterlassen haben, die über die mit dieser Fesselungsart verbundenen hinausgingen. Gemäss Art. 71 Ziff. 1 lit. d StPO/VS ist der Beschuldigte nach seiner Verhaftung auf sein Verlangen vom Anstaltsarzt oder ausnahmsweise durch einen vom Untersuchungsrichter bezeichneten Arzt zu untersuchen. Dieses Recht beanspruchte er nicht. Auch nach der Haftentlassung ging er nicht zum Arzt.

Wer nicht zu Arzt geht ist selber schuld. Aus dem Entscheid geht leider nicht hervor, ob der Beschwerdeführer bei seinen ersten Einvernahmen vertreten war.