Keine Strafverfolgung gegen nachlässige Strafbehörden
Das Bundesgericht stellt sich wie bereits das Obergericht des Kantons Zürich vor einen Sachrichter und einen Untersuchungsrichter im altrechtlichen Privatstrafklageverfahren, welche durch mehrere Fehlentscheide die Verjährung einer mutmasslichen Straftat verursacht haben (BGer 1C_133/2016 vom 14.07.2016). Dass es auch dem Bundesgericht offenbar nicht ganz wohl war bei der Abweisung der Beschwerde, schimmert durch seine Erwägungen (und seinen Kostenentscheid) hindurch.
Im Ergebnis hält es aber dafür, das unsorgfältige Verhalten der Behördenmitglieder sei klarerweise nicht strafbar:
Dem Beschwerdeführer ist zuzugestehen, dass nicht ohne weiteres einleuchtet, weshalb der Beschwerdegegner 2 im Strafverfahren betreffend Ehrverletzung gegen einen Journalisten sowie die Herausgeberin der Zeitschrift trotz den entgegenstehenden Ausführungen des Obergerichts vom 21. Juni 2013 zuhanden des Sachrichters noch am 5. November 2013 ausdrücklich vermerkte, es drohe die Verfolgungsverjährung Anfang März. Für den Beschwerdeführer zweifellos unbefriedigend ist der Umstand, dass die Hauptverhandlung erst am 24. Februar 2014 durchgeführt wurde, obwohl der Beschwerdegegner 1 als zuständiger Einzelrichter aufgrund der gesamten Akten hätte rechtzeitig erkennen können, dass die angebliche Tat am Tag der Hauptverhandlung möglicherweise bereits verjährt sein würde. Sofern den Beschwerdegegnern allerdings tatsächlich prozessuale Fehler vorzuwerfen sind, lässt sich daraus noch nicht ableiten, es bestünden genügende Anhaltspunkte für eine strafbare Handlung, zumal nicht jedes rechtswidrige Handeln der Behörden strafrechtlich relevant ist (E. 3.3.2).
Der Sachverhalt begründet relativ klar eine Begünstigung, insbesondere weil das Obergericht ja noch ausdrücklich auf die Verjährung hingewiesen hatte. Aber nicht jede Begünstigung muss strafbar sein, auch wenn das Bundesgericht seine Kritik an den Behörden mindestens zwischen den Zeilen zum Ausdruck bringt:
Es ist nicht ersichtlich, inwiefern der Umstand, dass der Beschwerdegegner 2 die Strafuntersuchung zunächst sistiert liess und er sie später teilweise erneut sistierte, im erwähnten Sinne strafbar sein könnte, zumal die mit den Sistierungen verbundenen Verzögerungen an sich – selbst wenn sie (teilweise) ungerechtfertigt gewesen wären – klarerweise [klarerweise?] weder als Missbrauch der Amtsgewalt einzustufen sind noch dazu führten, dass die angezeigten Personen der Strafverfolgung oder dem Strafvollzug entzogen wurden. Auch bestehen keinerlei Anzeichen, wonach der Beschwerdegegner 2 den Sachrichter am 5. November 2013 über den Zeitpunkt der möglichen Verjährung bewusst falsch informiert hätte. Es muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdegegner 2 zu diesem Zeitpunkt die an sich klaren Ausführungen des Obergerichts vom 21. Juni 2013 unsorgfältigerweise nicht oder nicht mehr präsent hatte
Es erscheint sodann naheliegend, dass sich der Beschwerdegegner 1 auf den ausdrücklichen Hinweis des Beschwerdegegners 2 vom 5. November 2013 verlassen und die Hauptverhandlung auf einen Termin angesetzt hat, der nach seinem damaligen Erkenntnisstand [den hätte man ja im Strafverfahren erst noch abklären müssen] noch einen Entscheid vor dem Eintritt der Verjährung ermöglichen sollte. Es bestehen keinerlei Hinweise, dass der Beschwerdegegner 1 vor dem 12. Februar 2014 vom Beschwerdeführer oder von einer anderen Person aktiv darüber informiert worden wäre, dass die Verfolgungsverjährung bereits am 12. Februar 2014 eintreten könnte, weil die fragliche Ausgabe der Zeitschrift D. nicht erst im März 2010, sondern bereits am 12. Februar 2010 veröffentlicht worden sei.Strafbar sind sowohl Begünstigung als auch Amtsmissbrauch nur bei vorsätzlicher Tatbegehung (vgl. E. 3.1 hiervor). Selbst wenn man zum Schluss kommt, die Beschwerdegegner hätten mit ihrem Verhalten allenfalls den Tatbestand der Begünstigung oder des Amtsmissbrauchs objektiv erfüllt, bestünden nach dem Ausgeführten jedenfalls keine genügenden Anhaltspunkte für eine vorsätzliche oder eventualvorsätzliche Tatbegehung (E. 3.3.3, Hervorhebungen und Klammerbemerkungen durch mich).
M.E. handelt es sich hier um ein weiteres Beispiel für die Abschaffung des Ermächtigungsverfahrens. Die Privilegierung von “Beamten” ist sachlich nicht (mehr) vertretbar.
Besten Dank für die Publikation. Es geht hier um die Causa Elmer gegen Bezirksrichter Gloor und Meyer im Zusammenhang mit dem BILANZ Artikel von Leo Müller. Ein weiterer fragwürdiger Entscheid des Zürcher Obergerichts vom 25. Mai 2016 war, dass diesbezüglich dem Journalisten Leo Müller, weil er angeblich die Einleitung des Verfahrens NICHT mutwillig bzw grobfahrlässig verursachte noch CHF 8500 aus der Staatskasse bzw vom Steuerzahler bezahlt wurden. Leo Müller hat vor der Veröffentlichung des Artikels weder Rudolf Elmer, seine Anwältin um eine Stellungnahme eingefordert. Hinzu kommt, dass die Staatsanwaltschaft erst am 10. Juni 2010 die Anklageschrift datiert und der Artikel “Denunzianten, Betrüger und Gestrauchelter: die Datendiebe” bereits im Januar 2010 durch die Zeitschrift BILANZ publiziert wurde. Damit war nicht klar, ob es im Zeitpunkt der Publizierung überhaupt zu einer Anklage kommt. Eine mutwillige bzw. grobfahrlässige Verursachen des Verfahrens entgegen der Auffassung des Obergerichts liegt sehr wohl vor, denn Rudolf Elmer ist weder ein Datendieb noch ein Betrüger!! Diesen Obergerichtsentscheid wurde nicht an das Bundesgericht weitergezogen, was nun Sinn macht mit Blick auf den diskutierten Entscheid.