Keine Umgehung des Aktienrechts im Strafverfahren
Das Bundesgericht verweigert einem Strafanzeiger, der gleichzeitig Aktionär der angeblich durch ihre Organe geschädigten Gesellschaft ist, vorerst ein Akteneinsichtsrecht (BGer 1B_5/2019 vom 14.06.2019, Fünferbesetzung).
Nach Art. 101 Abs. 3 StPO können Dritte – als solcher qualifizierte sich der Strafanzeiger selbst – die Akten u.a. dann einsehen, wenn sie ein geschütztes Interesse nachweisen. Ein solches hat der Strafanzeiger (bisher) nicht begründet. Wenn ich den Entscheid aber richtig verstehe, wäre es grundsätzlich möglich, Akteneinsicht mit der Durchsetzung von Verantwortlichkeitsansprüchen zu begründen, wenn man dabei zwingend auf Akteneinsicht angewiesen wäre:
Im vorliegenden Fall macht der Beschwerdeführer nicht geltend, durch die Straftat in seinen Rechten unmittelbar verletzt worden zu sein und damit Geschädigtenstellung im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO zu haben. Vielmehr beabsichtigt er, als Prozessstandschafter gegenüber den Beschuldigten eine Forderung der geschädigten Gesellschaft durch aktienrechtliche Verantwortlichkeitsklage geltend zu machen (Art. 756 OR; BGE 132 III 342 E. 4.3 S. 350 mit Hinweisen). Dass er sich nicht als Privatkläger konstituierte, kann ihm deshalb nicht zum Vorwurf gemacht werden.
Andererseits erscheint das Interesse des Beschwerdeführers an der Akteneinsicht von vornherein nur dann als schutzwürdig, wenn er darauf zwingend angewiesen ist (vgl. dazu Urteil 1B_306/2014 vom 12. Januar 2015 E. 2.3). In dieser Hinsicht weist die Vorinstanz zu Recht darauf hin, dass es nicht angeht, wenn die in Art. 697 OR vorgesehene privatrechtliche Regelung betreffend Einsicht und Auskunft mit einem Akteneinsichtsgesuch im Strafverfahren umgangen wird. Das Einsichts- und das Auskunftsrecht dienen dazu, dem Aktionär jene Informationen zu verschaffen, die zur sinnvollen Ausübung der Aktionärsrechte erforderlich sind, wozu gerade auch die Verantwortlichkeitsklage gehört (BGE 132 III 71 E. 1.3 S. 75 f. mit Hinweisen). Es obliegt insoweit dem Beschwerdeführer, in seinem Akteneinsichtsgesuch an die Verfahrensleitung (hier: die Staatsanwaltschaft) aufzuzeigen, dass er diese Rechte geltend gemacht und erforderlichenfalls gerichtlich durchgesetzt hat (vgl. Art. 697 Abs. 4 OR). Erst in der Folge lässt sich beurteilen, ob die Einsicht in die Strafakten erforderlich ist, um eine Verantwortlichkeitsklage zu erheben. Dieser Obliegenheit genügte der Beschwerdeführer jedoch nicht, weshalb die Vorinstanz sein Interesse an der Akteneinsicht gemäss Art. 101 Abs. 3 StPO zu Recht als nicht schützenswert taxierte.
Andere Gesichtspunkte, beispielsweise solche der Waffengleichheit (vgl. Urteil 1B_33/2014 vom 13. März 2014 E. 3.3, in: SVR 2014 BVG Nr. 40 S. 151), die ausnahmsweise die Annahme eines schützenswerten Interesses rechtfertigen würden, macht der Beschwerdeführer nicht geltend und sind auch nicht ersichtlich (E. 3.6, Hervorhebungen durch mich).
Die Hürde ist sehr hoch. Das Bundesgericht verlangt, dass der Dritte belegen muss, dass er zivilrechtlich mit der Durchsetzung von Informationsansprüchen gescheitert ist. Als Privatkläger wird sich der Strafanzeiger wohl auch nicht konstituieren können (indirekter Schaden).