Kläglicher Zustand der Bundesstrafrechtspflege

Wie es um die Bundesstrafrechtspflege steht, kann einem heute publizierten Urteil des Bundesgerichts entnommen werden, das wahrscheinlich recht repräsentativ ist (BGer 6B_479/2018 vom 19.07.2019).

Die Bundesanwaltschaft hat sich beim Bundesgericht darüber beschwert, dass das Bundesstrafgericht ein Verfahren eingestellt hatte. Die Einstellung erfolgte, weil aufgrund von mehreren Verfahrensfehlern ein Sachurteil vor Eintritt der Verjährung nicht mehr möglich gewesen sein soll.

Das Verfahren habe überlange gedauert und es sei anzunehmen, es sei mehrfach und über längere Zeit nicht dem Beschleunigungsgebot entsprechend geführt worden (E. 2.3).

Das Bundesgericht stellt nun fest, dass die Einstellung durch das Bundesstrafgericht tatsächlich bundesrechtswidrig war. Es tritt dennoch nicht auf die Beschwerde der BA ein, weil inzwischen die Verjährung nun eben eingetreten ist, was ja wiederum der unzureichenden Verfahrensführung der BA geschuldet ist.

Die BA wollte mit ihrer Beschwerde den Hals aus der Schlinge ziehen und argumentierte, es sei stossend, dass eine Einstellungsverfügung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht die Wirkung eines erstinstanzlichen Urteils habe (Art. 97 Abs. 3 StGB). Das konnte unmöglich gutgehen:

Alleine die Tatsache, dass die angefochtene Einstellungsverfügung Bundesrecht verletzt und nach Ansicht der Beschwerdeführerin die Vorinstanz die Hauptverhandlung hätte weiterführen und den Beschwerdegegner noch am 12. Februar 2018 frei oder schuldig sprechen müssen, steht dem mittlerweile erfolgten Eintritt der Verfolgungsverjährung nicht entgegen. Der Einwand der Beschwerdeführerin, es sei stossend, der Einstellungsverfügung keinen “verjährungshemmenden Charakter” zuzusprechen, da in der Konsequenz erstinstanzliche Gerichte Fälle kurz vor Verjährungseintritt durch unrechtmässige Anwendung von Art. 8 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 52 bis 54 StGB ohne Rechtsmittel erledigen könnten, verfängt nicht. Hätte die Vorinstanz nach Einreichung der Anklage am 20. November 2017 (und Einreichung der korrigierten Anklageschrift vom 25. Januar 2018) am 12. Februar 2018 keine zeitnahe Einstellungsverfügung erlassen und zugewartet, wäre die bevorstehende Verfolgungsverjährung ebenfalls eingetreten. Die Vorinstanz hätte zudem unter den Voraussetzungen von Art. 329 Abs. 4 StPO, was auch die Beschwerdeführerin vorbringt, oder Art. 319 Abs. 1 lit. d StPO (…) eine Einstellungsverfügung ohne materiell-rechtliche Beurteilung von Straf- und Zivilfragen erlassen können. 

Vom Bundesstrafgericht pragmatisch – aber halt einfach bundesrechtswidrig – gelöst. Insofern versteht man schon, dass die BA nicht einverstanden war. Bloss:

  • die Beschwerde war schlicht und einfach nicht zu gewinnen
  • die Verjährung hat die BA selbst verschuldet.

Ein weiteres Argument, die Bundesstrafrechtspflege einfach abzuschaffen. Sie funktioniert nicht und ist viel zu teuer.