Kleine Verwahrung nach überholtem Gutachten
Das Bundesgericht kassiert ein Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, das gestützt auf ein überholtes Gutachten eine Massnahme nach Art. 59 StGB über eine Beschuldigte angeordnet hat (BGer 6B_56/2015 vom 27.11.2015, Fünferbesetzung).
Der Fall zeigt, dass auch ein zeitlich relativ aktuelles Gutachten veraltet sein kann:
Die Gutachterin erstellte ihre Gutachten zu einem Zeitpunkt, als die Beschwerdeführerin in Haft war. Sie empfiehlt eine stationäre Massnahme aufgrund einer Prognose für den Fall einer Haftentlassung und hält ausdrücklich fest, dass eine ambulante Massnahme zum damaligen Zeitpunkt nicht ausreichend gewesen wäre. Im Rahmen ihrer Prognose geht die Sachverständige unter anderem davon aus, dass eine Entlassung der Beschwerdeführerin aus der Haft in eine eigene Wohnung nicht angebracht sei. Die Vorinstanz fällte das angefochtene Urteil mehr als zehn Monate, nachdem die Beschwerdeführerin aus der Haft entlassen wurde und eine eigene Wohnung bezogen hatte. Die Beschwerdeführerin gab zudem an, während dieser Zeit freiwillig in ambulanter Behandlung zu sein. Unter diesen Umständen kann nicht auf eine für den Fall einer – bereits eingetretenen – Entlassung aus der Haft erstellten Prognose abgestellt werden. Vielmehr ist abzuklären, ob in Freiheit eine Besserung stattgefunden hat, die eine ambulante Massnahme als ausreichend erscheinen lässt. Die Auffassung der Vorinstanz, die Entlassung aus der Haft sei keine Änderung, die eine neue Begutachtung rechtfertigen würde, ist haltlos (E. 4.3.2).