Kniffliges Verjährungsrecht

Das Bundesgericht kassiert zum zweiten Mal einen Entscheid im selben Fall (BGer 6B_776/2010 vom 25.01.2011), diesmal wegen falscher Anwendung des Verjährungsrechts.

Zunächst war zu entscheiden, ob das alte oder das neue Recht anzuwenden sei. Hier waren sich die Gerichte einig. Das Prinizip der “lex mitior” (Art. 2 Abs. 2 StGB) gilt auch für das Verjährungsrecht (s. E. 2.4.1). Nach altem Recht hörte die Verjährung nach der mit der Ausfällung des in Rechtskraft erwachsenen und vollstreckbaren letztinstanzlichen kantonalen Entscheids zu laufen auf (Art. 72 Ziff. 2 aStGB). Die Vorinstanz übersah jedoch,

dass die von ihr zitierten Entscheide des Bundesgerichts differenzieren, ob gegen einen nicht vollstreckbaren Einstellungsbeschluss beziehungsweise ein freisprechendes Urteil des Obergerichts eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde geführt wird, oder ob es sich um vollstreckbare Fälle handelt, bei denen es zu einer Verurteilung des Beklagten kommt. In letzterem Fall hört die Verfolgungsverjährung zwar mit dem letztinstanzlichen kantonalen Entscheid zu laufen auf. Wenn das Bundesgericht die Beschwerde in Strafsachen gegen die Verurteilung aber ganz oder teilweise gutheisst und die Sache insoweit zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückweist, läuft die Verjährungsfrist weiter. Massgebend hierfür ist, dass die Vorinstanz neu zu entscheiden hat und dadurch die Strafverfolgung noch nicht beendet ist (Urteil 6B_115/2008 vom 4. September 2008 E. 2.7.5, nicht publ. in BGE 135 IV 37).

Damit lief die Verjährung in einem Teil der Fälle nach der ersten Rückweisung weiter:

2.4.4 Da die Vorinstanz die Beschwerdeführer am 27. Oktober 2008 verurteilte, lief die Verjährung altrechtlich nach der bundesgerichtlichen Rückweisung der Sache an die Vorinstanz weiter. Die Verjährung kann daher altrechtlich noch eintreten, während dies nach neuem Recht für die nach dem 27. März 1993 verübten Fälle nicht mehr der Fall ist. Das alte Verjährungsrecht ist insoweit milder und findet vorliegend Anwendung.

2.4.5 Im Zeitpunkt der Ausfällung des im bundesgerichtlichen Verfahren 6B_10/2009 angefochtenen Urteils des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 27. Oktober 2008 waren die inkriminierten Handlungen ab dem 28. Oktober 1993 noch nicht verjährt, wobei der damals noch verbliebene Rest der absoluten Verjährungsfrist von 15 Jahren seit der Eröffnung des Bundesgerichtsentscheids 6B_10/2009 am 6. Oktober 2009 bis zur neuen Entscheidung der Vorinstanz am 27. Juli 2010 weiterlief. Nach dem anwendbaren alten Verjährungsrecht waren somit in diesem Zeitpunkt die bis am 27. Juli 1995 verübten Fälle entgegen der vorinstanzlichen Auffassung verjährt, was zur Gutheissung der Beschwerde führt.