Kollusionsgefahr 9 Jahre nach der Tat
Das Bundesgericht hat heute das Urteil in einer Haftsache online gestellt, die in verschiedener Hinsicht speziell ist (1P.557/2006 vom 10.10.2006).
Dem Beschwerdeführer wird vorgeworfen, er habe bei einem Tötungsdelikt im Jahre 1997 mitgewirkt. Nachdem das Verfahren im Jahr 1998 bereits eingestellt war, wurde es nach neuen Belastungen wieder aufgenommen. Der Beschwerdeführer befindet sich inzwischen seit März 2004 zum dritten Mal in Untersuchungshaft. Er rügte das Fehlen eines dringenden Tatverdachts und der Kollusionsgefahr sowie eine Verletzung des Beschleunigungsgebots.
Die Vorinstanz bejahte die Kollusionsgefahr nach 9 Jahren seit der Tat, indem sie auf Kollusionshandlungen des Beschwerdeführers im ersten Verfahren (1997) zurückgriff. Diesen “Rückgriff” hat das Bundesgericht geschützt:
Im vorliegenden Fall ist zwar das Untersuchungsverfahren bereits sehr weit fortgeschritten. Indes hält der Präsident der Anklagekammer zu Recht fest, dass der Beschwerdeführer im ersten Verfahren 1997 auf gravierende Weise kolludiert habe, indem er seinen damaligen Verteidiger ein Schreiben aus dem Gefängnis habe schmuggeln lassen, welches Anweisungen an Z. zu dessen Aussagen vor der Polizei enthalten habe. Der Verteidiger habe die schriftliche Mitteilung der Ehefrau des Beschwerdeführers ausgehändigt, woraufhin diese Z. entsprechend instruiert habe. In dem Kassiber habe der Beschwerdeführer Z. aufgefordert, bei der Polizei vorstellig zu werden und die Untersuchungsbehörden auf eine falsche Fährte zu locken. Der Verdacht sollte auf einen gewissen A. gelenkt werden, der in der Folge auch inhaftiert wurde. Zudem habe sich im anhängigen Verfahren herausgestellt, dass der Beschwerdeführer nach der Entlassung aus der Untersuchungshaft 1997 Z. beauftragt hatte, den Zeugen B. einzuschüchtern, welcher den Beschwerdeführer 1997 belastet hatte. Weil der Beschwerdeführer in schwerster Weise kolludiert habe, wobei ihm jedes Mittel recht gewesen sei (Ausnützung von Abhängigkeiten, Drohungen, Einschüchterungen, usw.), sei davon auszugehen, dass er wiederum auf die Strafuntersuchung einwirken würde. Gerade weil der Beschwerdeführer anlässlich der untersuchungsrichterlichen Befragung vom 5. Mai 2006 seine früheren Aussagen zum Tagesablauf vom 8. Februar 1997 widerrufen habe, seien noch entsprechende Abklärungen zu treffen. Auch habe er beantragt, dass seine Ehefrau nochmals zu befragen sei. Demnach sei der Haftgrund der Kollusionsgefahr nach wie vor zu bejahen (E. 4.2).
Zum Beschleunigungsgebot äussert sich das Bundesgericht wie folgt:
Selbst wenn die bisherige Untersuchungsdauer verfassungs-
und konventionsrechtlich nicht zu beanstanden ist, lässt sich jedoch mit den widersprüchlichen Aussagen des Beschwerdeführers keine beliebig lange Untersuchungsdauer rechtfertigen. Es sind keine Gründe ersichtlich und wurden auch nicht dargetan, das Untersuchungsverfahren auf unbestimmte Zeit hin weiter andauern zu lassen. Die Beurteilung, ob die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Vorwürfe stichhaltig sind, obliegt dem Sachrichter. Der Untersuchungsrichter ist auf seiner im bundesgerichtlichen Vernehmlassungsverfahren geäusserten Prognose zu behaften, wonach das Akteneröffnungsverfahren im Sinne von § 78 Abs. 2 StPO/TG für den Oktober 2006 vorgesehen ist. Gemäss der zitierten Bestimmung setzt der Untersuchungsrichter, sobald er die Untersuchung als vollständig erachtet, dem Angeschuldigten, beziehungsweise seinem Verteidiger, eine angemessene Frist, innert welcher sie die Akten einsehen und Beweisanträge stellen können. Eine Verlängerung des Untersuchungsverfahrens über diese Frist hinausfällt nur in Betracht, wenn dem Beschwerdeführer selber erhebliche Verfahrensverzögerungen anzulasten wären oder massgebliche neue Erkenntnissein Bezug auf den Tatverdacht der Beteiligung am Tötungsdelikt vorlägen (E. 5.2.2).