Kollusionsgefahr in Theorie und Praxis

Untersuchungshaft wegen Kollusionsgefahr ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nur statthaft, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür begründet werden können. Die theoretische Möglichkeit, dass der Angeschuldigte in Freiheit kolludieren könnte, genügt indessen nicht, um die Fortsetzung der Haft unter diesem Titel zu rechtfertigen. Dass die theoretische Möglichkeit im Einzelfall kaum je von der praktischen abweicht, zeigt sich erneut an BGer 1B_230/2012 vom 01.05.2012:

Gegenstand des vorliegenden Strafverfahrens sind zahlreiche Fälle. Die Ermittlungen sind aufwendig. In deren Verlauf sind immer wieder neue Personen bekannt geworden, die in die dem Beschwerdeführer angelasteten Straftaten verwickelt sein sollen. Es besteht der ernstliche Verdacht, dass diese Personen teilweise unter falschem Namen auftreten. In einem derartigen Umfeld ist in erhöhtem Mass mit Verdunkelungshandlungen zu rechnen. Die Aussagen der in die Sache verwickelten weiteren Personen werden für die Würdigung der Rolle des Beschwerdeführers von erheblicher Bedeutung sein. Es bestehen ernstliche Anzeichen dafür, dass der Beschwerdeführer das Ausmass seiner Beteiligung bei den vorgeworfenen Straftaten durchwegs zu verharmlosen versucht. Die notwendigen umfangreichen Ermittlungen sind noch nicht sehr weit fortgeschritten. An die Annahme von Kollusionsgefahr dürfen nach der erwähnten Rechtsprechung daher keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Würdigt man dies gesamthaft, hält es vor Bundesrecht stand, wenn die Vorinstanz diesen Haftgrund bejaht und angenommen hat, bei einer Freilassung des Beschwerdeführers bestünde die Gefahr, dass er mit den weiteren Personen Kontakt aufnehmen könnte, um sie zu einer für ihn günstigen Aussage zu bewegen.