Kollusionsneigung als neuer Haftgrund?

Das Bundesgericht schützt weiterhin eine von der Bundesanwaltschaft angeordnete, mittlerweile rund 16 Monate dauernde Untersuchungshaft (1B_123/2007 vom 16.07.2007; vgl. zum früheren Verfahren desselben Beschwerdeführers meine früheren Beiträge hier und hier).

Strittig war u.a. die angeblich fortbestehende Kollusionsgefahr. Dabei bezog sich das Bundesgericht auf seinen früheren Entscheid (1S.11/2006 vom 31.08.2006) und bekräftigte die bereits dort festgestellte Kollusionsneigung des Beschwerdeführers. Den alten Erwägungen fügt es folgende, wenig erhellende neue Gründe hinzu:

Die Beschwerdekammer legt ausführlich dar, weshalb ihrer Ansicht nach die Strafverfolgungsbehörden im jetzigen Zeitpunkt nach wie vor von Kollusionsgefahr ausgehen dürfen. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, rechtfertigt keine sofortige Haftentlassung. Entgegen seiner Ansicht stützt die Beschwerdekammer ihre Einschätzung nicht “allein” auf die Umstände, dass er im Rotlichtmilieu tätig gewesen und nicht geständig sei und dass Differenzen zwischen seinen Aussagen und denen anderer Personen bestünden. Ebenso wenig basiert die Annahme von Verdunkelungsgefahr auf reinen Spekulationen. Es kann diesbezüglich auf die sachbezogenen Erwägungen auf Seiten 5-6 des angefochtenen Entscheides verwiesen werden. In ihrer Vernehmlassung weist die BA ergänzend darauf hin, dass der Beschwerdeführer gemäss diversen Beweiserhebungen nach wie vor dazu neige, Drohungen auszusprechen bzw. Druck auf Verfahrensbeteiligte auszuüben (E. 2.3).

Hier würde interessieren, wie man aufgrund konkreter Anhaltspunkte begründen kann, der Beschwerdeführer, der seit fast anderthalb Jahren in Untersuchungshaft gehalten wird, könne “nach wie vor” dazu neigen, Drohungen auszusprechen und Druck auf Verfahrensbeteiligte auszüben. Es wird ja wohl kaum genügen können, dass die Bundesanwaltschaft einfach mal darauf hinweist, oder etwa doch?

Zu prüfen war weiter die Dauer der Haft, zu der sich das Bundesgericht wie folgt äusserte:

Bei Würdigung sämtlicher Umstände erscheint die bisherige Dauer der Untersuchungshaft im vorliegenden Fall noch verfassungskonform. Nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen droht dem Beschwerdeführer im Falle einer strafrechtlichen Verurteilung eine mehrjährige Freiheitsstrafe (vgl. BGE 132 I 21 E. 4.2 S. 28). Wie sich aus dem Haftdossier ergibt, handelt es sich hier zudem um komplexe Ermittlungen mit zahlreichen Verfahrensbeteiligten, internationalen Rechtshilfeersuchen und umfangreichen Akten (vgl. auch Urteil des Bundesgerichtes 1S.11/2006 vom 31. August 2006, E. 7). Unzulässige Verfahrensverzögerungen oder andere schwerwiegende Versäumnisse der Strafjustizbehörden, welche eine sofortige Haftentlassung rechtfertigen würden, lassen sich den vorliegenden Akten nicht entnehmen. Allerdings ist zu bemerken, dass sich der Beschwerdeführer nun schon seit mehr als 15 Monaten in Haft befindet, das Ermittlungsverfahren noch hängig ist und die BA für die kommenden Wochen und Monate weitere Ermittlungshandlungen im In- und Ausland in Aussicht gestellt hat. Die I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichtes hat die eidgenössischen Strafverfolgungsbehörden deshalb ausdrücklich zum speditiven Abschluss der Strafuntersuchung ermahnt. Das Bundesgericht schliesst sich diesen Erwägungen der Vorinstanz an (E. 3.2).

Beim nächsten Mal wird dann wohl ein hängiges Rechtshilfeverfahren die weitere Haftverlängerung rechtfertigen, zumal die Ermittlungen im Ausland ja erst in Aussicht gestellt wurden.

Ich bleibe bei meiner Meinung, dass der Schweiz ein wirksames Haftprüfungsverfahren fremd ist. Ausnahme: der erstinstanzliche Haftrichter nimmt seinen Job ernst. Gegenausnahme: der oben zitierte 2006-er Entscheid.