Konfliktverteidigung
Das Bundesgericht straft einen Beschwerdeführer bzw. wohl eher dessen Verteidiger ab, der ein abgewiesenes Ausstandsbegehren gegen ein erstinstanzliches Gericht bis ans Bundesgericht weiterzog (BGer 1B_164/2015 vom 05.08.2015). Das Risiko, dass die Beschwerde vor Bundesgericht als aussichtslos scheitern würde, war wohl ebenso einkalkuliert wie die Verzögerung des Verfahrens von – bis jetzt – ca. einem Jahr.
Einer der Gründe für das Ausstandsgesuch war die Aufforderung an den amtlichen Verteidiger, das Plädoyer von vier Stunden auf 90 Minuten zu kürzen:
Den Akten lässt sich nicht entnehmen, dass der amtliche Verteidiger auf die Vorschläge der Verfahrensleitung besonders kooperativ reagiert hätte. Weder zeigte er sich zunächst mit einer Weiterführung der begonnenen Hauptverhandlung und ihrer Beendigung (soweit nötig) an einem anderen Tag einverstanden, noch war er (trotz ausführlichen Diskussionen) bereit, sein Plädoyer auf eine Länge von weniger als vier Stunden Dauer zu kürzen. Auch vor Bundesgericht legt der Beschwerdeführer bzw. der amtliche Verteidiger nicht nachvollziehbar dar, weshalb ein derart ausführliches und zeitraubendes Plädoyer im vorliegenden (nicht besonders komplexen) Fall als zur Wahrung der Beschuldigtenrechte sachlich notwendig anzusehen gewesen wäre (E. 4.2.4).
Es mag ja sein, dass der Verteidiger nicht nachvollziehbar erklärt hat, wieso für seinen Vortrag vier Stunden notwendig gewesen wären (musste er das?). Das rechtfertigt m.E. aber nicht, von einem „zeitraubenden“ Plädoyer zu sprechen. Was dem Beschwerdeführer im Hauptverfahren als mögliche Strafe droht, lässt sich dem Entscheid leider nicht entnehmen. Es mutet aber manchmal schon seltsam an, wie wenig Zeit die Justiz der Verteidigung einräumt, um Argumente gegen selbst mehrjährige Freiheitsstrafen vortragen zu können.