Konkurrierende MSchG- und UWG-Strafbestimmungen
Das Obergericht des Kantons Bern hat die Geschäftsführerin einer Gesellschaft verurteilt, die einem Werbeversand markenrechtlich geschützte Duftbäumchen beigelegt hatte. Dadurch habe sie eine Markenverletzung (Art. 61 Abs. 1 lit. b MSchG) zum Nachteil Markeninhaberin sowie unlauteren Wettbewerb (Art. 3 Abs. 1 lit. d und Art. 23 Abs. 1 UWG) zum Nachteil einer Lizenznehmerin begangen. Das Bundesgericht bestätigt diesen Entscheid und begründet ihn mit dem Verhältnis zwischen MSchG und UWG bzw. den geschädigten Personen (BGer 6B_411/2013 vom 20.11.2013):
Erfüllt die Markenrechtsverletzung nach Art. 61 MSchG auch die Voraussetzungen eines unlauteren Verhaltens im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. d UWG, geht der speziellere Tatbestand des MSchG vor (BGE 117 IV 45 E. 2c S. 46; 117 IV 475 E. 1b S. 476 mit Hinweis; …). Die Strafbestimmungen stehen in unechter Konkurrenz (…). Die neben dem markenrechtlichen Schutz ergänzende Anwendung von Art. 3 Abs. 1 lit. d UWG ist von Bedeutung, wenn ein Schutz über das MSchG nicht möglich ist oder wenn Umstände vorliegen, die einzig lauterkeitsrechtlich zu berücksichtigen sind (…). Denkbar ist der Rückgriff auf den Schutz nach UWG mit Blick auf die in UWG und MSchG unterschiedlich ausgestaltete Strafantragsberechtigung (…) [3.3].
Wieso die unterschiedlich ausgestaltete Strafantragsberechtigung das Verhältnis zwischen den Straftatbeständen beeinflussen soll, verstehe ich prima vista nicht. Daran änder auch nits, dass das Bundesgericht betont, das Verhalten der Beschwerdeführerin tangiere verschiedene Rechtsgutträger:
Das Lauterkeitsrecht betrifft im Unterschied zum übrigen Kennzeichenschutz (Marke, Firma und Name) nicht nur die Frage, ob zwei Zeichen miteinander verwechselbar sind. Vielmehr geht es auch darum, ob ein bestimmtes Verhalten geeignet ist, durch eine Verwechslungsgefahr das Publikum irrezuführen. Das Lauterkeitsrecht schützt die Interessen aller am Wettbewerb Beteiligten und geht über den Schutz durch Spezialgesetze wie das MSchG hinaus (…). Die Beschwerdegegnerin 3 machte im vorinstanzlichen Verfahren keine markenschutzrechtlichen Ansprüche geltend, nachdem die erste Instanz deren Strafantragsrecht unter Hinweis auf ihre nicht exklusive Lizenz verneint hatte (…). Hingegen wird das Strafantragsrecht im Sinne von Art. 23 Abs. 2 UWG von der Vorinstanz bejaht. Dies rügt die Beschwerdeführerin nicht. Auf die vorinstanzlichen Erwägungen kann verwiesen werden (…). Der Beschwerdegegnerin 3 steht demnach einzig der Schutz nach UWG offen. Die Beschwerdeführerin hat durch die Werbekampagne zum einen das Markenrecht der Beschwerdegegnerin 2 verletzt, indem sie im Sinne von Art. 61 Abs. 1 lit. b MSchG unter der nachgemachten Marke Waren in den Verkehr bringen liess. Zum anderen hat sie nach den zutreffenden vorinstanzlichen Erwägungen eine Verwechslungsgefahr geschaffen und ist die Marktposition der Beschwerdegegnerin 3 schutzwürdig (…). Mithin ist der lauterkeitsrechtliche Kennzeichenschutz zu bejahen. Gegenteiliges wird von der Beschwerdeführerin nicht dargetan. Ihr Hinweis auf den Zivilprozess dringt nicht durch, da vor dem Zürcher Handelsgericht einzig die Markeninhaberin und nicht die Beschwerdegegnerin 3 Klägerin war. Das Verhalten der Beschwerdeführerin tangiert verschiedene Rechtsgutträger. Die Vorinstanz verletzt kein Bundesrecht, wenn sie zwischen Art. 61 Abs. 1 lit. b MSchG und Art. 3 Abs. 1 lit. d UWG echte Konkurrenz annimmt (E. 3.4, Hervorhebungen durch mich).