Kontosperren

Eine häufig angeordnete Zwangsmassnahme schweizerischer Staatsanwaltschaften ist die Kontosperre, welche rechtlich die Beschlagnahme einer Forderung gegen die schuldnerische Bank darstellt,

Anders als im Ausland können Staatsanwaltschaften aus eigenem Recht beschlagnahmen und sie können diese Zwangsmassnahmen faktisch so lange aufrecht erhalten, wie sie wollen (vgl. dazu meinen früheren Beitrag). Das liegt auch an der Rechtsprechung des Bundesgerichts, welches die Anforderungen an die Beschlagnahme und deren Aufrechterhaltung extrem tief ansetzt.

Heute hat das Bundesgericht drei Entscheide in derselben Angelegenheit publiziert, in denen es nach vertiefter Analyse des entgegen der Vorinstanz (Obergericht ZH) die Auffassung vertrat, die Kontosperren seien weiterhin rechtsmässig (u.a. BGer 1B_389/2021 vom 16.06.2021).

Nach der oben dargelegten Praxis des Bundesgerichtes hat eine Untersuchungsbehörde, die provisorische Beschlagnahmen im Vorverfahren anordnen oder weiterführen will, noch keinen stringenten Beweis für eine allfällige Strafbarkeit zu führen; schon gar nicht für eine beidseitige Strafbarkeit nach ausländischem Recht. Es genügt vielmehr, wenn dafür hinreichende Anhaltspunkte vorgelegt werden und es nicht bereits rechtlich ausgeschlossen erscheint, dass die Strafbehörde, die den Endentscheid zu fällen haben wird, die Strafbarkeit bejahen und eine Ausgleichseinziehung anordnen (bzw. eine staatliche Ersatzforderung zusprechen) könnte (BGE 140 IV 57 E. 4.1.1-4.1.2; 139 IV 250 E. 2.1; 137 IV 145 E. 6.3-6.4). Aus den hier untersuchten Sachverhalten ergeben sich konkrete Verdachtsgründe (im Sinne von Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO i.V.m. Art. 305bis Ziff. 1-3 StGB), insbesondere für ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158 Ziff. 1 StGB) sowie aktive und passive Bestechung (vgl. Art. 322ter -322 decies StGB) als Vortaten der untersuchten qualifizierten Geldwäscherei. Unbestrittenermassen kennt auch das venezolanische Recht analoge Strafbestimmungen (E. 4.2.4, Hervorhebungen durch mich). 

Wieso das Bundesgericht von “provisorischer” Beschlagnahme spricht, verstehe ich nicht. Es soll damit wohl betont werden, es sei ja alles nicht so tragisch, weil es sich ja nicht um einen endgültigen Entscheid handle. Die Betroffenen werden beruhigt sein.

Die Message der Praxis lautet wie folgt: Denjenigen, die Vermögenswerte aus dem Ausland in der Schweiz anlegen, ist nicht zu helfen. Das gilt auch für Vermögenswerte legaler Herkunft, denn es reicht ja schon, dass die Bank und – nach deren Verdachtsmeldung die Strafbehörden – an der legalen Herkunft zweifeln, um das Geld provisorisch oder endgültig an die Schweiz oder den beschlagnahmenden Kanton zu verlieren.