Kontrollstaat Solothurn
Der Kantonsrat wird am nächsten Dienstag eine Vorlage behandeln, deren Studium blankes Entsetzen auslösen müsste und sogar der Regierung zu weit geht (vgl. dazu das Solothurner Tagblatt). Der Titel der Vorlage (“Erhöhung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung”) liesse vermuten, dass entsprechende Massnahmen nötig wären. Nach stichhaltigen Gründen sucht man allerdings vergeblich. Der Regierungsrat nennt “gesellschaftliche Probleme”. Die neuen Instrumente der Polizei seien geeignet, das Sicherheitsgefühl zu erhöhen sowie Straftaten und Gewalt, insbesondere an Grossanlässen (von denen es seit dem Eidg. Jodlerfest keine mehr gab), zu verhindern.
Die Regierung will also auf “gesellschaftliche Probleme” reagieren und ein “erhöhtes Sicherheitsgefühl” schaffen. Dass es gar keine ernstzunehmenden Gründe für die Vorlage gibt, hindert die vorberatende Justizkommission, in der die FdP in der Mehrheit ist, nicht daran, die regierungsrätliche Vorlage noch verschärfen zu wollen. Diese hat folgende Pfeiler (die Zitate stammen aus dem Vernehmlassungsentwurf):
1. Mehr Polizei mit mehr Kompetenzen:
Einsatz Polizeilicher Sicherheitsassistenten/innen, welche in einem beschränkten und eng umschriebenen Bereich einfache hoheitliche Aufgaben erfüllen. Dank der Erhöhung der polizeilichen Präsenz verbessert diese Strukturanpassung die öffentliche Sicherheit und erlaubt einen effizienten Einsatz der Korpsangehörigen.
Ziel ist es, dass die Angehörigen des Grenzwachtkorps in Zukunft auf gemischten Patrouillen mit Solothurner Polizeiangehörigen ermächtigt sind, dieselben Aufgaben zu erfüllen. Dabei sollen ihnen dieselben Rechte und Pflichten zur Verfügung stehen wie den Angehörigen der Polizei […].
Ermächtigung der Polizei, Personen von öffentlichen Plätzen vorübergehend wegzuweisen oder fernzuhalten, wenn diese einer Ansammlung angehören, von welcher Störungen oder Belästigungen ausgehen, oder welche einschüchternd wirkt oder welche die Öffentlichkeit an der Nutzung eines für die Allgemeinheit bestimmten Ortes behindert.
2. Videoüberwachung für alle Dienststellen des Kantons und der Gemeinden:
Die Möglichkeit, mittels Videoanlagen bestimmte öffentliche und allgemein zugängliche Orte zu überwachen, steht nicht nur der Polizei, sondern auch anderen Dienststellen des Kantons Solothurn sowie den Gemeinden zu.
3. Vermummungsverbot:
Wer sich bei bewilligungspflichtigen Versammlungen, Demonstrationen und sonstigen Menschenansammlungen auf öffentlichem Grund unkenntlich macht, wird mit Busse bestraft. Ausgenommen sind Umzüge und Versammlungen, bei welchen das traditionelle Maskieren des Gesichtes den eigentlichen Zweck der Veranstaltung darstellt (Art. 21bis Abs. 1 des Entwurfs EG StGB).
Tröstlich ist einzig, dass ausserhalb Solothurns kaum einer weiss, was Solothurn überhaupt ist oder wo es liegt. Hilfe leistet Wikipedia, Verwunderung der Hinweis, dass Solothurn vor gar nicht allzu langer Zeit stolz auf eine sogar für schweizerische Verhältnisse liberale Tradition war.