Korruptionsexperten in Lausanne

Das zuständige und offenbar naive ZMG Bern hat ein Entsiegelungsgesuch der Bundesanwaltschaft mangels hinreichenden Tatverdachts abgewiesen. In der Sache geht es um den Vorwurf der Bestechung eines fremden Amtsträgers (“Beratungshonorar”) im Zusammenhang mit Textilindustrie-Projekten in Usbekistan. Die BA untersucht offenbar seit vier Jahren und hat vor zwei Jahren Beweismittel sichergestellt, deren Rückgabe an die Inhaberin das ZMG dieses Jahr verfügt hat.

Anders als das ZMG Bern hat das Bundesgericht den erforderlichen Tatverdacht nun aber bejaht (BGer 1B_125/2022 vom 06.12.2022).

Beim ersten untersuchten Sachverhalt (Bestechung eines ausländischen Amtsträgers, evtl. ungetreue Geschäftsbesorgung) springt […]zunächst die nicht ausreichend plausibilisierte Höhe von USD 845’425.– des angeblichen “Beratungshonorars” an die Firma 1 ins Auge. Die blosse Aufzählung vertraglich vereinbarter Dienstleistungen durch die Beschwerdegegnerin und ihre pauschale Behauptung, diese seien “zu ihrer Zufriedenheit erbracht” worden, genügt in der vorliegenden Konstellation nicht, um die auffällige Höhe des “Consultancy fee” zu plausibilisieren. Es genügt hier umso weniger, als die BA nachvollziehbar darlegt, dass der Dienstleistungsvertrag vermutlich nur vorgeschoben worden sei, um die Schmiergeldzahlung durch Organe der Beschwerdegegnerin als angebliches “Beratungshonorar” zu tarnen. Dass sodann die zeitlichen und betragsmässigen Koinzidenzen der Ein- und Auszahlung auf dem Konto der Firma 1 kein konkretes Verdachtsmoment bildeten, sondern “gerade so gut auf Liquiditätsbedarf oder reinen Zufall” zurückgeführt werden könnten, erscheint aus der gebotenen zurückhaltenden Sicht eines Zwangsmassnahmengerichtes eher spekulativ. Die betreffenden auffälligen Transaktionen über die Firma 1 (Einzahlung der USD 845’425.– und Auszahlung von USD 1 Mio. an die Firma 3 am gleichen Tag) werden von der Beschwerdegegnerin auch nicht bestritten. Hinzu kommt schliesslich noch, dass nach den Feststellungen der Vorinstanz konkrete Verstrickungen sowohl der Firma 1, an welche die verdächtige Zahlung der Beschwerdegegnerin erfolgte, als auch der (gleichentags mit einem Weitertransfer begünstigten) Firma 3 in mutmassliche “Erpressungs-” bzw. Schmiergeldzahlungen an den ausländischen Amtsträger bestehen (E. 5.2, Hervorhebungen durch mich). 

Die Wortwahl entlarvt das Bundesgericht, das von den ZMG Zurückhaltung in dem Sinne erwartet, dass zugunsten der Strafverfolger und zuungunsten der Betroffenen spekuliert und entschieden wird. Das gilt i.c. sogar noch dann, wenn die die BA nach mehreren Jahren ganz offensichtlich keine kriminalistisch gesicherten Fakten präsentieren kann, welche den erforderlichen Tatverdacht untermauern würden.