Kritik an härteren Strafen
Die vorgesehenen Revisionen des StGB (s. meinen letzten Beitrag dazu) stossen im Tages-Anzeiger erneut auf fundierte Kritik. Obwohl es die Politik nicht interessieren wird, sei auf ein Zitat hingewiesen:
Alle wissenschaftlichen Untersuchungen und sämtliche Erfahrungen sprechen gegen die Vermutung, härtere Strafen würden auf potenzielle Täter abschreckend wirken. Viel wesentlicher ist die Verfolgungsintensität: Wenn jemand damit rechnen muss, bei einem Delikt erwischt zu werden, hat das eine abschreckendere Wirkung als die Androhung einer hohen Strafe. Gewalttäter überlegen sich vor einer Tat kaum, welche Strafe ihnen droht.
Tja, was nützen noch höhere Strafen, wenn ohnehin alles verjährt, gar nicht verfolgt und nicht richtig ermittelt wird? So ist es ja easy, wenn man nicht erwischt wird dann muss man nur bisschen warten und alles ist gut, dann ist ja alles verjährt… 😉
Diejenigen Personen, welche immer härtere Strafen fordern, sind folglich dieselben, welche die vorhandenen Mittel vorderhand in die Repression fliessen sehen wollen, wobei Präventionsmodelle marginalisert werden. Sie sind zudem dieselben, welche, kaum werden Polizeikorps aufgestockt, den Polizeistaat hinauf beschwören. Der Wille, oder vielmehr die Einsicht, Problem dort anzupacken, wo sie entstehen, ist kaum vorhanden. Resultate sind zu wenig schnell sichtbar und Präventionsarbeit lässt sich dem Volk nunmal schwieriger verkaufen als einfach gestrickte „law and order“-Politik.
Danke für die treffenden Worte.
Es ist zwar richtig, dass härtere Strafen keine abschreckendere Wirkung haben werden. Schon die jetztigen Strafdrohungen sind für denjenigen Teil der Bevölkerung, welcher sich durch Strafandrohung überhaupt abschrecken lässt, inakzeptabel hoch um eine entsprechende Straftat zu riskieren. Ich denke allerdings, primär geht es vorliegend darum, Ungleichgewichte auszumerzen und Wertungen der Schwere des Unrechts durch die Bevölkerung besser Rechnung zu tragen. Bestimmte Dinge sind momentan einfach widersprüchlich und unlogisch, so zum Beispiel das Konkurrenzverhältnis von Angriff (Art. 134 StGB) und der vorsätzlichen einfachen Körperverletzung (Art. 123) StGB. Wenn solche Probleme im Zuge der Verschärfungen gelöst werden, dann habe ich nichts gegen die Verschärfung – ich denke, die Gerichte werden nach wie vor eine recht grosse Freiheit in der konkreten Strafzumessung haben.
@Gwendolan: Die Gerichte brauchen diese „Freiheit“ dringend und sie brauchen auch den Mut, schuldangemessene Strafen zu sprechen. Die Populisten rufen bei genauerem Hinsehen nach einem Erfolgsstrafrecht. Wenn die Strafen nun wirklich schärfer sein sollen, dann wünschte ich mir aber auch endlich mehr Professionalität bei der Strafverfolgung und einen Ausbau des Unmittelbarkeitsprinzips. Etliche Gerichte beschränken sich doch längst darauf, die von den Strafverfolgern geschaffene formelle Wahrheit zu bestätigen und dafür beim Strafmass etwas weniger hart zu sein („wenn ich schon in Kauf nehme, einen Unschuldigen zu verurteilen, dann halte ich mich wenigstens beim Strafmass zurück“).