Lästiges Beweisantragsrecht
Obwohl Täter längst als solche überführt sind (pro forma aber noch Beschuldigten-Status unter dem Schutz der Unschuldsvermutung innehaben), nerven sie bisweilen die Gerichte mit sinnlosen Beweisanträgen.
Einer von ihnen bekam nun sogar noch Recht, obwohl doch bereits die Polizei festgestellt hatte, dass es keinen Sinn hat, die angerufenen Zeugen zu befragen (BGer 6B_1301/2015 vom 21.07.2016):
In den Berichten vom 5. und 6. Oktober 2013 macht die Kantonspolizei bzw. die der Staatsanwaltschaft angegliederte Kriminalpolizei Angaben dazu, ob und in welchem Umfang verschiedene am Tatort befragte Personen in der Lage waren, sachdienliche Informationen zu liefern. Gestützt auf diese Berichte verzichtete die Vorinstanz auf die (erneute) Befragung der dort erwähnten Personen. D., E., und F. sind in den Rapporten hingegen nicht zitiert. Gleichwohl erwägt die Vorinstanz, dass “das Gleiche” auch in Bezug auf die letztgenannten Personen gelte. Eine nachvollziehbare Begründung, weshalb auf deren Einvernahme verzichtet wurde, ist dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen. Dieses genügt daher den Anforderungen von Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG nicht und ist aufzuheben (E. 1.3).
Nach der vom Bundesgericht angerufenen BGG-Norm muss ein Entscheid “die massgebenden Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art, insbesondere die Angabe der angewendeten Gesetzesbestimmungen enthalten”. Wieso sich das Bundesgericht auf diese Bestimmung stützt, leuchtet mir nicht ein, zumal es sich doch auch direkt auf den ebenfalls zitierten Art. 29 Abs. 2 BV zitieren könnte.
Das Bundesgericht führt dann noch aus, wann Beweisanträge abgewiesen werden dürfen, ohne das rechtliche Gehör (sic!) zu verletzen:
Keine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt vor, wenn das Gericht auf die Abnahme beantragter Beweise verzichtet, weil es aufgrund der bereits abgenommenen Beweise seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür in vorweggenommener Beweiswürdigung annehmen kann, dass seine Überzeugung durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert würde (BGE 136 I 229 E. 5.3 mit Hinweis) [E. 1.4].
Diese Formel müsste man einmal gründlich durchdenken und überprüfen, ob sie überhaupt einen greifbaren Inhalt hat.
Man könnte zu diesem platzsparenden Urteil anmerken, dass die Würze in der Kürze liegt.
kj, Ihre Fragen: 1.Das Gericht wies den Fall an die Vorinstanz zurück, da deren Entscheid (die drei vom Beschwerdeführer vorgeschlagenen Zeugen nicht zu befragen) keine Begründung enthielt.
2. Die Ablehnung im Voraus von beantragten Beweismitteln und Zeugen, ohne sie zu erheben und anzuhören, muss, wie jedes Urteil, wenigstens kurz begründet sein, damit das Beschwerderecht dagegen wirksam wahrgenommen werden kann. Das Gericht muss also sagen, warum ein Beweismittel sachirrelevant ist, und es muss mit der Überprüfung der Begründung im Rechtsmittelverfahren rechnen. Diese Überprüfung ist hier in E1.3 zu Gunsten des Beschwerdeführers ausgefallen.
Für die erfolgreiche “Belästigung” Gratulation an den Verteidiger.
Ergänzung zur Antwort zu Frage 1:
Die Geltendmachung von Grundrechtsverletzungen vor Bundesgericht unterliegt einer qualifizierten Rügepflicht (vgl dazu 8C_439/2011, E3.1.1) . Die Latte lag für den Beschwerdeführer, der anwaltlich vertreten war, für die Beanstandung einer Gehörsverletzung also hoch – an dieser Hürde scheiterte schon manche Eingabe, wie unter anderem auch kj’s Blog regelmässig zeigt.
Eine Verletzung des Bundesgerichtsgesetzes hingegen ist keine Grundrechtsverletzung. Hier konnte das Gericht vereinfacht eintreten und erkennen, was es dann auch in gedrängter Form tat. Ich denke, das kann der Grund gewesen sein, zumal der Beschwerdeführer offenbar noch anderes gerügt hatte und somit nicht seine ganze Aufmerksamkeit der Gehörsverletzung widmen konnte.