Landesverräterischer Anwalt!
Und heute wieder mal ein Quiz zur Strafbarkeit des A bei folgendem Sachverhalt (BGer 6B_117/2018 vom 28.05.2018):
Das Kreisgericht Flagler County Florida (USA) erliess in einem Vollstreckungsverfahren zwischen dem in den USA wohnhaften B. und seiner in der Schweiz lebenden Ex-Ehefrau C. eine Ladung zur Stellungnahme (“summons”). Darin forderte das Gericht C. auf, innerhalb von 20 Tagen zum Vollstreckungsantrag von B. Stellung zu nehmen, ansonsten ein Säumnisurteil erfolgen würde. A., Rechtsanwalt von B., stellte am 26. Januar 2016 dem Anwalt von C. die Verfügung des Kreisgerichts inklusive Vollstreckungsantrag auf postalischem Weg zu.
Die Lösung der Bundesanwaltschaft: Strafbefehl wegen verbotener Handlungen für einen fremden Staat (Art. 271 StGB), bedingt vollziehbare Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je CHF 350.00 sowie Busse von CHF 3,500.00.
Die Lösung des Bundesstrafgerichts: Einstellung. Dazu aus dem Urteil des Bundesgerichts auf Beschwerde der BA in formeller Hinsicht:
Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung bildet Art. 8 Abs. 1 StPO keine Grundlage für die Einstellung des Verfahrens durch Gerichte nach der Anklageerhebung in den Anwendungsfällen von Art. 52-54 StGB. Hat ein Gericht die Tatbestandsmässigkeit eines Verhaltens bejaht, besteht kein Raum mehr, das Verfahren einzustellen. Diese in BGE 135 IV 27 begründete Rechtsprechung gilt auch unter der StPO (BGE 139 IV 220 E. 3.4.7 S. 227) und wurde zuletzt im Urteil 6B_983/2017 vom 20. März 2018 bestätigt (E. 1.2).
Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass eine Einstellung in vorliegendem Fall zulässig wäre, hielte die angefochtene Verfügung vor Bundesrecht nicht stand. Die Vorinstanz stellt das Verfahren wegen fehlendem Strafbedürfnis nach Art. 52 StGB ein. Sie erwägt, das Verschulden wie auch die Tatfolgen seien insgesamt geringfügig, wobei sie die Geringfügigkeit des Verschuldens allein mit eventualvorsätzlichem Handeln des Beschwerdegegners begründet. Andere verschuldensrelevante Umstände nennt sie nicht. Wie die Beschwerdeführerin zu Recht vorbringt, kann allein aus einer eventualvorsätzlichen Tatbegehung jedoch nicht auf ein geringfügiges Verschulden geschlossen werden (vgl. Urteil 6B_983/2017 vom 20. März 2018 E. 2.5.2). Die Beschwerde wäre daher auch aus diesem Grund gutzuheissen (E. 2)..
Aus der entsprechenden Erwägung im aufgehobenen Entscheid geht hervor, dass das Bundesstrafgericht die Gerinfügigkeit des Verschuldens nicht allein mit dem eventualvorsätzlichen Handeln begründet hat, sondern schwergewichtig mit der bloss theoretischen Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts. Dies scheint das Bundesgericht aber wohl übersehen zu haben. Hier die entsprechende Erwägung:
“Das Verschulden und die Tatfolgen sind vorliegend insgesamt geringfügig. Zum einen hat der Beschuldigte in subjektiver Hinsicht lediglich eventualvorsätzlich gehandelt. Zum anderen hat das inkriminierte Verhalten in der vorliegenden Konstellation das geschützte Rechtsgut – die schweizerische Souveränität – nur theoretisch gefährdet. Da der Beschuldigte sein Schreiben an den rechtlich ver-sierten Gegenanwalt gerichtet hat, bestand keine ernsthafte Gefahr, dass der Zustellungs-/Einlassungsversuch rechtliche Wirkung zeitigt. Überdies diente das Exequaturverfahren in Florida mittelbar der Vollstreckung eines schweizerischen Scheidungsurteils, mithin der stellvertretenen Strafrechtspflege für die schweize-rische Jurisdiktion (vgl. E. 4.8), sodass die schweizerische Souveränität in casu nur auf äusserst abstrakte Weise tangiert wurde.”