Landesverweisung: Härtefall / Interessenabwägung

Das Bundesgericht weist eine Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft ZH ab, welche um die Ausschaffung eines verurteilten Serben kämpfte, obwohl sie das Vorliegen eines persönlichen Härtefalls (Art. 66a Abs. 2 StGB) zugestehen musste (BGer 6B_627/2018 vom 22.03.2019, Fünferbesetzung). Die Strafe lautete auf 32 Monate (versuchte schwere Körperverletzung, Raub, Nötigung).

Der Entscheid setzt sich intensiv mit den konkreten Umständen des Einzelfalls auseinander und kommt zum Ergebnis, der Beschwerdeführer dürfe aufgrund des Überwiegens seiner privaten Interessen im Land bleiben (hat es das zuvor jemals gegeben, zumal sich private und öffentliche Interesse ja gar nicht gegeneinander abwägen lassen?).

Ins Gewicht fielen insbesondere folgende Umstände:

1.8 […]. Der Beschwerdegegner lebte von Geburt an als Mitglied der Schweizer Wohnbevölkerung. Seiner staatsbürgerlichen Heimat Serbien ist er nach den vorinstanzlichen Feststellungen sprachlich und ansonsten nur insoweit verbunden, als dort Verwandte leben, die er in den Ferien besuchte. Es ist ihm eine günstige Legalprognose zu stellen. Als entscheidend erweist sich, dass er trotz der Gewalttat nicht als “kriminell” eingestuft werden darf. Seine rechtlich gewichteten privaten Interessen am Verbleib in der Schweiz überwiegen die öffentlichen Interessen an seiner Landesverweisung. Dennoch ist nicht zu verkennen, dass die Beschwerdeführung der Staatsanwaltschaft angesichts der gesetzlichen Umsetzung der Initiative nachvollziehbar ist. Wie sie mit Recht einwendet, ist die Härtefallklausel als Ausnahme konzipiert und darf nicht zur “Regel” werden (oben E. 1.1). 
 
 1.9 Die “besondere Situation” im Sinne der ratio legis von Art. 66a Abs. 2 Satz 2 StGB des im Tatzeitpunkt 20-jährigen, in der Schweiz geborenen und aufgewachsenen Beschwerdegegners legitimierte die Vorinstanz, angesichts seines klaglosen Vorlebens und der günstigen Legalprognose trotz der (unter Alkohol- und Stoffintoxikation begangenen) Aggression und des hohen Strafmasses noch auf eine Landesverweisung zu verzichten. 

Hat jemand eine Ahnung, wie man ein solches Ergebnis (allenfalls auch ausserhalb des Kantons Zürich) hinkriegt?