Landesverweisung nach Eventualanklage

Die Landesverweisung scheint den kantonalen Gerichten erhebliche Schwierigkeiten zu bereiten. Das schliesse ich aus den zahlreichen Beschwerden, die das Bundesgericht erreichen und relativ oft gutgeheissen werden. Jüngstes Beispiel ist der Fall eines iranischen Asylanten, der im Kanton Zürich wegen Drogendelikten zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt wurde (BGer 6B_382/2024 vom 06.02.2025, Fünferbesetzung).

Das Bundesgericht schätzt die politische Lage im Iran auch im Hinblick auf die noch zu verbüssende Freiheitsstrafe des Beschwerdeführers als stabil ein und verpflichtet das Obergericht, auf die Landesverweisung zu verzichten:

Bei dieser Ausgangslage hätte die Vorinstanz die Prüfung des Rückweisungsverbots nicht auf die Vollzugsbehörden abschieben dürfen. Wie sich aus den vorinstanzlichen Erwägungen ergebe, stand zum Urteilszeitpunkt einer Landesverweisung des Beschwerdeführers die Garantie von Art. 25 Abs. 3 BV und Art. 3 EMRK entgegen. Bereits aus diesem Grund hätte die Vorinstanz in ihrem Urteil auf die Anordnung der Landesverweisung verzichten müssen (E. 5.4.3). [E. 6.4.2].

Im m.E. spannenderen Teil seiner Beschwerde ist der Beschwerdeführer gescheitert. Mit den aus dem Entscheid hervorgehenden Informationen verstehe ich nicht, wie hier trotz der Willkürkognition kein Verstoss gegen „in dubio“ angenommen werden konnte:

Die Rügen des Beschwerdeführers betreffend die Beweiswürdigung der Vorinstanz beruhen weitgehend auf einer Einzelbetrachtung von Indizien. Dabei übersieht er, dass der Grundsatz „in dubio pro reo“ sich nicht auf die Bewertung einzelner Indizien, sondern auf deren Gesamtbetrachtung bezieht. Selbst wenn die Vorinstanz – wie der Beschwerdeführer vorbringt – gewisse neutrale Indizien resp. das Fehlen weiterer auf eine Beteiligung am Kokainhandel hindeutender Indizien nicht als entlastend berücksichtigt und sie sich nicht bei jedem Indiz explizit mit der möglichen Alternativhypothese der Eventualanklage auseinandersetzt, lässt dies deren Gesamtwürdigung nicht als schlechterdings unhaltbar erscheinen. Der Vorinstanz kann auch nicht vorgeworfen werden, die Alternativhypothese (zur Verfügung stellen des Kellerraumes an einen Bekannten X) schlicht nicht in Erwägung gezogen zu haben. Sie hat hinsichtlich aller von ihr erwähnten Indizien ausführlich begründet, weshalb diese aus ihrer Sicht für die Hauptanklage und somit gegen die Eventualanklage sprechen. Mit ihrer Gesamtwürdigung legt sie willkürfrei dar, wieso sie die Hauptanklage als deutlich wahrscheinlicher als die Eventualanklage erachtet. Dass dem Beschwerdeführer lediglich zwei Kokainverkäufe nachgewiesen werden konnten und keine Hinweise auf weitere konkrete Verkaufshandlungen vorlagen, spricht angesichts der von der Vorinstanz erwähnten Sicherheitsvorkehren nicht in entscheidendem Masse gegen die Hauptanklage. Zudem werden dem Beschwerdeführer in der Hauptanklage keine konkreten weiteren Kokainverkäufe, sondern lediglich das Lagern in Verkaufsabsicht vorgeworfen. Die Beweiswürdigung der Vorinstanz erweist sich in einer Gesamtbetrachtung demnach als willkürfrei und verletzt die Unschuldsvermutung nicht. Die Beschwerde ist in diesem Punkt abzuweisen (E. 5.6).

Deutlich wahrscheinlicher mag sein. Aber ist die deutlich wahrscheinlichere „Alternativhypothese“ auch unter Ausschluss vernünftiger Zweifel bewiesen?