Leichtfertige Abweisung eines Haftentlassungsgesuchs

Die strafprozessuale Haft ist in der Schweiz u.a. deshalb so beliebt, weil sie so einfach zu begründen ist und weil Rechtsmittel viel zu teuer und viel wenig erfolgversprechend sind. Die Begründung, mit der ein Haftentlassungsgesuch in Basel abschmettert worden war, war nun aber dem Bundesgericht doch zu dünn (BGer 1B_281/2015 vom 15.09.2015).

Es störte sich daran, einfach auf frühere Haftentscheide zu verweigern, ohne auf die detaillierte Argumentation des Häftlings überhaupt einzugehen:

Der angefochtene Entscheid enthält keine ausformulierte Begründung, sondern ist als sog. dass-Entscheid abgefasst. Von 14 dass-Sätzen beziehen sich drei auf die Frage der Fluchtgefahr. Darin wird festgehalten, dass “in erster Linie auf die nach wie vor zutreffende Begründung im Entscheid des Appellationsgerichts vom 11. Juni 2015 verwiesen werden kann; festzustellen ist, dass der 2/3-Termin frühestens auf den 2. Februar 2016 fällt; somit mindestens noch 6 Monate Freiheitsentzug zu verbüssen sind, was den Fluchtanreiz nicht entscheidend vermindert hat”. Auf die in ihrem Haftentlassungsgesuch vorgetragene detaillierte Argumentation der Beschwerdeführerin geht der angefochtene Entscheid nicht weiter ein. Offenbar ging der Instruktionsrichter davon aus, diese Argumente seien schon zur Genüge in den früheren Haftentscheiden behandelt worden, was sich insbesondere aus dem Verweis auf die Begründung des Entscheids vom 11. Juni 2015 schliessen lässt (E. 4.2.).

Zu den Grenzen der rekursiven Begründungstechnik äussert sich das Bundesgericht wie folgt:

Die im hier angefochtenen Entscheid verwendete Argumentation geht demnach über drei Verweise auf eine Begründung zurück, die rund anderthalb Jahre alt ist und jeweils im Wesentlichen damit ergänzt wird, es gebe keine neuen Gesichtspunkte. Eine Auseinandersetzung mit den aktuellen Verhältnissen und eine konkrete Würdigung der Fluchtgefahr aufgrund der heutigen oder jedenfalls gestützt auf jüngere Umstände, unter spezifischer Abwägung der verbleibenden Haftdauer anhand des entsprechend ermittelten Fluchtrisikos, findet nicht statt. Insbesondere ist dabei der Einwand der Beschwerdeführerin nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen, nach inzwischen abgesessenen 23 Monaten sei es wenig wahrscheinlich, dass sie wegen der verbleibenden fünf Monate bis zur möglichen bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug (vgl. Art. 86 StGB) die Gewährung derselben riskiere (E. 4.2, Hervorhebungen durch mich).

Der Fall wird zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Schön übrigens, dass wenigstens das Bundesgericht noch an Art. 86 StGB glaubt.