Live aus dem Bundesgericht

Gemäss Tagesanzeiger hat sich der Ständerat heute deutlich für Live-Übertragungen von Verhandlungen am Bundesgericht ausgesprochen. Bundesrat und Bundesgericht sind dagegen (s. Motion Schmid, 13.3660):

Der Bundesrat hat grundsätzlich Verständnis für das Anliegen des Motionärs. Transparenz und Öffentlichkeit sind nicht nur in der Exekutive, sondern ebenso sehr in der Justiz bedeutende Prinzipien. Eine Direktübertragung öffentlicher Urteilsberatungen über ein Web-TV könnte namentlich in gesamtgesellschaftlich bedeutsamen Fällen einem breiteren Publikum einen besonderen Einblick in die Argumentationsweise und Entscheidfindung des Bundesgerichts verschaffen.

Das Bundesgericht hat sich nun allerdings aus verschiedenen Gründen gegen die Annahme der Motion ausgesprochen. Ungeachtet der vorerwähnten Anliegen gesteigerter Transparenz und Öffentlichkeit der Justiz besteht aus Sicht des Bundesrats ebenfalls keine Notwendigkeit, öffentliche Beratungen des Bundesgerichts über ein Web-TV zu ermöglichen. Die Transparenz der höchstrichterlichen Rechtsprechung wird bereits durch das geltende Prozessrecht, welches dem Öffentlichkeitsprinzip grosse Bedeutung zumisst, substanziell gewährleistet. Die vom Motionär geforderte Direktübertragung lässt kaum eine signifikante Steigerung der Transparenz erwarten, zumal das Bundesgericht ohnehin die meisten Fälle nicht an einer öffentlichen Sitzung erörtert und fällt, sondern über diese auf dem Weg der Aktenzirkulation entscheidet.

Dass die Transparenz der höchstrichterlichen Rechtsprechung substanziell gewährleistet sei, trifft m.E. nicht zu. Wer das anders sieht, sollte sich mal vor Augen führen, was etwa der U.S. Supreme Court zugänglich macht. Damit ist freilich nicht gesagt, dass mehr Transparenz gefordert werden müsste. Zu diskutieren wäre das Thema allemal. Ob TV-Übertragungen Transparenz schaffen, glaube ich bereits angesichts der wenigen öffentlichen Beratungen nicht.