Lügensignale aus Einvernahemprotokollen

Jeder, der jemals an einer Einvernahme teilgenommen hat, weiss, dass die schriftlich angefertigten Protokolle im besten Fall das Ergebnis einer Verhandlung zwischen den Beteiligten ist. Fragen und Antworten werden weder wörtlich noch vollständig protokolliert, solange der Sinn das Gesagte nicht völlig verfälscht. Wie gefährlich das sein kann, zeigt ein Urteil des Bundesgerichts, welches die Schlüsse der Vorinstanz aus Einvernahmeprotokollen bestätigt (BGer 6B_164/2015 vom 03.08.2015). Diese sind zwar aktenmässig logisch zu begründen, werden aber dem angeblich so wichtigen Wahrheitsbeweis offensichtlich nicht gerecht.

Für alle, die immer noch daran zweifeln, dass es im Strafprozess nicht um die materielle historische Wahrheit gehen kann folgendes Zitat:

Nicht zu beanstanden ist, wenn die Vorinstanz es als auffallend bezeichnet, dass der Beschwerdeführer erst in seiner zweiten Einvernahme begründete, weshalb er sich vom Unfallort entfernte. Zwar trifft es zu, dass er in seiner ersten Einvernahme nicht nach dem Grund dafür gefragt worden ist. Dasselbe gilt allerdings auch für die zweite Einvernahme, wo er die Begründung plötzlich von sich aus lieferte. Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers wertet die Vorinstanz diesen Umstand indessen nicht explizit als Lügensignal. Inwiefern diesem Punkt entscheidende Bedeutung zukommen sollte, legt er im Übrigen nicht dar und ist auch nicht ersichtlich.

Abgesehen von der Deutung von Protokollen: wenn nicht ein Lügensignal erkannt worden wäre, ohne dass es explizit gesagt wurde, und das alles gar keine entscheidende Bedeutung hätte, wieso hätte sich die Vorinstanz diese Mühe gemacht?

Was mich noch interessieren würde: Die Verurteilung produziert etliche falsche Aussagen der Angehörigen des Beschwerdeführers. Werden die jetzt alle strafrechtlich verfolgt?