Lügen, Leugnen oder schweigen?
In einem Interview im Tages-Anzeiger spricht Kollege RA Valentin Landmann über seine Erfahrungen als Strafverteidiger. Das Interview steht unter folgendem (zu stark verkürzenden) Lead:
Was soll man tun, wenn man von der Polizei erwischt wurde: Lügen? Schweigen? Leugnen? Der Milieu-Anwalt Valentin Landmann empfiehlt dasselbe wie ein Priester: das Geständnis.
In dieser verkürzten Form ist das mit Sicherheit nicht richtig und dürfte auch von Landmann so nicht unterstützt werden. Für Landmann hängt es nicht zuletzt von der “Erfahrung” des Beschuldigten ab, ob er schweigen oder aussagen soll:
Anfängliches Schweigen empfehle ich nur Ersttätern, also Laien.
Der verhaftete Laie neigt am ehesten zu absolut sinnlosen und katastrophalen Falschaussagen. Im Schreck versucht er Sachen zu bestreiten, die beweisbar passiert sind. Das passiert auch ehrlichen Männern und Frauen. So kann es sich für den braven Bürger aufdrängen, zu sagen: «Ich habe in amerikanischen Krimis gesehen, dass man am Anfang die Aussage verweigern soll.» Eine solche Formulierung gibt zumindest einen gewissen Idiotenbonus.
Meiner Meinung nach ist es nie falsch und fast immer richtig ist, anfänglich zu schweigen. Der Preis kann allerdings hoch sein, weil es der Staat mit Untersuchungshaft (Schweigen kann Kollusionsgefahr erhalten) und empfindlicher Strafe (Strafmilderungsgründe entfallen) quittieren könnte.
Wer diesen Preis nicht zu zahlen bereit ist, legt auch schon mal ein unwahres Geständnis ab.
S’il y a un droit au silence, il faut se rappeler que, suivant le contexte, le silence peut néanmoins être interprété par le juge comme un indice à charge. P.ex. : ATF 6B_748/2009 consid. 2.1
Meines Erachtens gibt es für einen “durchschnittlichen Täter” nur zwei vernünftige Optionen mit entsprechenden Konsequenzen: Schweigen (beide möglichen Konsequenzen sind im Beitrag erwähnt) oder ein Geständnis ablegen (mögliche Konsequenzen: keine oder nur kurze U-Haft und Strafmilderung; Gefahr: Man gibt mehr zu, als beweisbar wäre oder gar Verdacht bestünde).
Egal ob als Laie oder nicht……..auch wenn es Konsequenzen zu tragen gilt, Schweigen ist wohl immer besser, wie die Erfahrung zeigt…………ist wohl auch die Frage, wie gut der Anwalt dann ist, der man(n) oder Frau wählt!!!!!!!!!!!!!!!!
@Kaz: es gibt nur gute Anwälte.
amen 🙂
Aus eigener Erfahrung (vorsätzliche Falschbeschuldigung durch meinen ehemaligen Arbeitgeber) kann ich jedem zu unrecht Beschuldigtem nur raten grundsätzlich zu schweigen. Ich machte den Fehler, daran zu glauben, dass Polizei und Staatsanwaltschaft korrekt arbeiten würden und sich der Sachverhalt durch kooperatives Verhalten schnell aufklären werde. Tatsächlich zog sich das Verfahren durch Einlassungen auf mehr als ein Jahr in die Länge. Der grösste Vorwurf ist dabei den Ermittlungsbehörden zu machen: So wurde es zugelassen, dass entlastende Beweismittel ins Ausland verschafft wurden, Entlastungszeugen nicht gehört, das forensische Gefälligkeitsgutachten (es enthält meinen Namen 53 mal, nicht jedoch die Seriennummer des angeblich untersuchten Gerätes) eines dem Arbeitgeber nahe stehenden, ausländischen Unternehmens als einziger Beweis akzeptiert wurde und mir Sachverhalte selbst dann vorgehalten wurden, nachdem diese bereits seit Monaten widerlegt waren. Insgesamt wurde in meinem Fall ausschliesslich ergebnisorientiert ermittelt. Hätte sich der Untersuchungsrichter nur 10 Minuten mit dem Basler Kommentar zum StGB befasst, so hätte er bereits dann feststellen müssen, dass sich die mir vorgeworfenen Tatbestände gar nicht verwirklichen lassen. Mit Menschen, die derart unprofessionell arbeiten, kann man nicht konstruktiv kooperieren!
Als ehemaliger Jurist rate ich in jedem Fall zum SCHWEIGEN!
Das Schweigen darf Ihnen auch nicht negativ angerechnet werden! Das Schweigen ist auch keine Schuldanerkennung. Schweigen Sie immer! Danach können Sie sich mit Ihrem Anwalt unterhalten und immer noch eine Aussage machen.
Nochmals: Klappe zu!