Mädchenbeschneidung bestraft?

Der Tages-Anzeiger und andere Medien berichten heute über ein erstes Urteil betreffend die Beschneidung eines Mädchens. Bestraft wurde die Halbschwester des Mädchens, welche dieses nach erzieherischen Problemen zu seiner leiblichen Mutter nach Somalia gebracht hatte.

Die Berichte sind wie folgt zu relativieren:

  1. Zunächst handelt es sich beim Urteil um einen Strafbefehl, der noch nicht rechtskräftig ist und – sofern sich die Halbschwester vertreten lässt – auch nie rechtskräftig werden wird.
  2. Die Halbschwester wurde wegen Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht (Art. 219 StGB).

Die Begründung des Strafbefehls wird im Tages-Anzeiger wie folgt zusammengefasst:

Die inzwischen 50-jährige Somalierin hat ihre Fürsorge- und Erziehungspflicht verletzt, als sie das Mädchen 2001 in das von Bürgerkrieg und Dürre geplagte Land zurückschickte. Die Frau habe auch gewusst, dass Beschneidungen in Somalia verbreitet und in ihrer eigenen Familie gebräuchlich seien. Die Flüchtlingsfrau, die selber beschnitten wurde, habe um das «sehr grosse Risiko» gewusst, dass auch die junge Halbschwester davon betroffen würde.

Damit dürfte wohl auch klar sein, dass der Strafbefehl juristisch nicht haltbar ist. Immerhin hat die “Verurteilte” das Opfer der leiblichen Mutter übergeben. Für die später erfolgte Beschneidung durch eine Drittperson kann sie strafrechtlich kaum verantwortlich gemacht werden.