Massnahmenrecht: Prüfung der Anordnungsvoraussetzungen als Daueraufgabe
Das Bundesgericht heisst eine Laienbeschwerde gegen die Verweigerung der bedingten Entlassung aus einer stationären Massnahme gut und weist die Sache zur neuen Entscheidung an das KGer LU zurück (BGer 6B_1045/2018 vom 01.02.2019).
Die Vorinstanz scheint einen Entscheid erlassen zu haben, den sie rechtlich gar nicht begründen konnte. So jedenfalls liest sich folgende Erwägung des Bundesgerichts:
Im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit und Schwere weiterer Straftaten erwägt die Vorinstanz lediglich, dass es fraglich sein dürfte, ob sich eine Fortführung der Massnahme unter rechtlichen Aspekten begründen lasse (E. 1.3.2).
Dabei scheint die Vorinstanz u.a. übersehen zu haben, dass die Voraussetzungen von Art. 56 Abs. 1 StGB stets vorliegen und bei allen Folgeentscheidungen geprüft werden müssen:
Eine Massnahme, für welche die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind, ist gemäss Art. 56 Abs. 6 StGB aufzuheben (Urteile 6B_798/2014 vom 20. Mai 2015 E. 2, nicht publiziert in: BGE 141 IV 203; 6B_669/2017 vom 27. April 2018 E. 1.2.1) [E. 1.3.1].
Dessen sind sich die Vollzugsbehörden und die Gerichte in der Praxis kaum je bewusst. Sie behandeln die Folgeentscheide routinemässig i.S.v. der Fortsetzung der Massnahmen. Die erste Instanz, die in diesen Fällen erfolgversprechend ist, ist leider das Bundesgericht, an das sich nur die Allerwenigsten wenden können.
Ich beglücke den Laien für seine erfolgreiche Beschwerde. Es zeigt sich einmal mehr, wie im Massnahmerecht oft die nackte Willkür herrscht. Ich spreche da aus eigener Erfahrung. Bis zum heutigen Tag wurde z.B. für mich nach Jahren kein gesetzeskonformer Massnahmeplan ausgefertigt. Meine Recherchen und Erfahrungen zeigen, dass ich absolut keine Einzelfall bin. Credo: einfach mal vorsorglich wegsperren! Das macht sich oft gut für die nächsten Wahlen.
Dem kann ich nur zustimmen. Ich glaube aber eher, dass an dieser Stelle der Sozialismus pervertiert. Das Gesetz stattet die Behörden mit immer mehr macht aus um Taten zu verhindern. In erster Linie werden diese Gesetze durch willkürliche Anwendung jedoch in erster Linie zum Schutz der Behörden angewendet und es wird praktisch selten noch eine Abwägung der Täterinteressen vorgenommen. Ich habe in meiner Zeit des Strafvollzugs ebenfalls etliche fragwürdige Fälle erlebt. Die andere Variante ist: Macht ist geil!
Um es mit Benjamin Franklin zu sagen: “Wer die Freiheit zugunsten der Sicherheit aufgibt, wird zuletzt beides verlieren”. Verlieren tut aber nur der fehlbare Mensch, insbesondere wenn er sein Fehlverhalten längst eingesehen hat, aber dank der unfehlbaren forensischen Software welche manipulierbar ist und bei welcher kein Anwalt/Richter das Ergebnis nachprüfen kann, für immer das Etikett “gefährlich” aufgestempelt bekommt. Wie soll so Art. 56 Abs. 6 je greifen können?