Mehrfache Freiheitsberaubung im Jugendheim
Das Bundesgericht hatte die Beschwerden des Leiters eines Jugendheims im Kanton Thurgau zu beurteilen, der
mehrfach Jugendliche zu Sanktionszwecken und zur Ruhigstellung unter Verwendung eines 8-teiligen Bett-Fixationssatzes (‘Segufix 2’) auf deren Bett gefesselt oder sie in Handschellen gelegt
hat und dafür zu einem Monat Gefängnis bedingt verurteilt wurde (Urteil 6S.222/2006 vom
18.08.2006).
Mit Nichtigkeitsbeschwerde rügte der Beschwerdeführer in erster Linie, die Vorinstanz habe Art 183 StGB verletzt, indem sie rechtfertigende Einwilligungen verneint habe. Zu prüfen waren Einwilligungen der Jugendlichen selbst:
Im vorliegenden Fall wird somit die Unrechtmässigkeit der Fesselung zu Bestrafungszwecken nicht dadurch beseitigt, dass die Betroffenen sich etwa beim Eintritt in das Heim in allgemeiner Form mit Fixierungen einverstanden erklärten, die ihrem oder dem Schutz Dritter dienen sollten. Vielmehr wirkt eine Einwilligung nur insoweit unrechtsausschliessend, als die Betroffenen in Kenntnis der Intensität und Dauer der Fixierung der konkret bevorstehenden Bestrafung freiwillig zugestimmt haben (E. 6.3.3).
Zu prüfen waren auch Einwilligungen der gesetzlichen Vertreter:
Die Einwilligungsfreiheit der gesetzlichen Vertreter endet dort, wo die Eingriffe dem Wohl des Kindes oder Mündels eindeutig widersprechen (…). Wie die Vorinstanz im Zusammenhang mit dem elterlichen Züchtigungsrecht zutreffend festhält, umfasst dieses in den Schranken von Art. 301 ZGB allenfalls auch massvollen Freiheitsentzug. Die Tathandlungen des Beschwerdeführers gehen jedoch über das hinaus, was im Rahmen des elterlichen Züchtigungsrechts noch gerechtfertigt sein könnte […]. Selbst wenn die gesetzlichen Vertreter über die Fixierungen informiert gewesen wären, hätten sie die grösstenteils mehrstündigen Fesselungen zu Bestrafungszwecken nicht rechtsgültig billigen können (E. 6.4).