Menschenrechtlicher Anspruch auf “kleine Verwahrung”?

Einmal mehr weist das Bundesgericht darauf hin, dass eine stationäre therapeutische Massnahme i.S.v. Art. 59 StGB nicht als kleine Verwahrung bezeichnet werden sollte (BGer 6B_720/2019 vom 22.08.2019).

Ich tue es trotzdem, u.a. weil jeder Betroffene weiss, was darunter zu verstehen und weil jeder Betroffene, den ich kenne, das Ding mit Gründen so nennt, und zwar unabhängig davon, wie er sich dazu stellt. Natürlich hat aber auch das Bundesgericht Gründe, die kleine Verwahrung nicht kleine Verwahrung nennen zu wollen:

Es ist verständlich, dass die sich einbürgernde Benennung der stationären therapeutischen Massnahme i.S.v. Art. 59 StGB als “kleine Verwahrung” (vgl. Urteil 6B_708/2015 vom 22. Oktober 2015 E. 2.3) jeden Betroffenen abschrecken muss. Sie ist sachlich unzutreffend und sollte vermieden werden (vgl. Urteil 6B_121/2019 vom 12. Juni 2019 E. 3.6). Es ist vielmehr ein menschenrechtliches Vollzugsziel, eine Therapie und damit den betroffenen Menschen nicht schon aufgrund von Vollzugsschwierigkeiten als gescheitert aufzugeben (Urteil 6B_1026/2018 vom 1. Mai 2019 E. 1.8) [E. 1.3.3].

Mit diesem Ansatz ist es tatsächlich leichter, eine stationäre therapeutische Massnahme anzuordnen oder zu bestätigen. Für die Betroffenen ändert sich nichts.