Minelli scheitert mit Verleumdungsklage
Die Verfasserin eines Zeitungsartikels gegen Ludwig A. Minelli wird gegen eine Ehrverletzungsklage geschützt. Das Bundesgericht bestätigt den Freispruch des Obergerichts (BGer 6B_163/2012 vom 27.07.2012). Der fragliche Text wird vom Bundesgericht wie folgt wiedergegeben:
(…) Was für ein Monster, dieser Mann, der auf Wunsch in miesen Kammern und sogar auf Parkplätzen weit her gereiste Leute abmurkst. So genannt Sterbewillige. Nicht etwa aus Mitleid, sondern für teures Geld.
Und nun dies. Für einen ausführlichen Artikel in dieser Zeitung hat er sich geoutet und seine Schokoladenseiten hervorgekehrt. (…) Also, Ludwig Amadeus Minelli. Fast haben Sie mich überzeugt, und ich lege mich bei Ihnen hin. Aber nur, wenn der Chef den Cocktail selber serviert und vorher kräftig degustiert. Es muss ja schliesslich klappen.
Spass beiseite. Hier sind wir schon bei der ersten Ungereimtheit in Ihrem System angelangt. Sie tun es gar nicht selber, Sie lassen Ihre Mitarbeiter Leute ins Jenseits befördern, oh pardon, begleiten. (…)
Die Begründung des Freispruchs durch die Vorinstanz erscheint mir als konstruiert. Satirische Überhöhung in den richtigen Zusammenhang gestellt, ist aber ein recht gutes Verteidigungsargument gegen jegliche mediale Ehrverletzungen:
Sein Hauptargument, Leute abmurksen sei unehrenhaft, geht an der Sache vorbei, weil er das Wort “abmurksen” aus dem Zusammenhang herausreisst. Wie die Vorinstanz zutreffend festhält, gebraucht die Beschwerdegegnerin abmurksen als satirische Überhöhung für Sterbehilfe ausführen. Zudem wird sofort deutlich, dass es um Sterbehilfe geht (“auf Wunsch”, “Sterbewillige”, “Giftbecher”, “ins Jenseits befördern, oh pardon, begleiten”, “Freitod”) und insbesondere um eine Entgegnung auf einen ganzseitigen Artikel über den Beschwerdeführer in derselben Zeitung eine Woche zuvor (“Jeder Mensch hat ein Recht auf Suizid”, Untertitel: “Monster oder Wohltäter?”).
Stellt man das Wort “abmurksen” in den Zusammenhang, entfällt das Tatbestandsmerkmal “wider besseren Wissens” der Verleumdung (Art. 174 Ziff. 1 StGB).
Als Laie fällt mir zunächst auf, wie extrem unterschiedlich die Massstäbe für Ordnungshüter und Sterbehelfer sind…
Weiter entsteht der Eindruck, dass Minellis Anwalt die Bezeichnung als Monster nicht beanstandet hatte. Der verleumderischen Schreibe dieser sog. Journalistin wäre imho nur mit einer äusserst umfangreichen Textanalyse beizukommen, in welcher nicht nur einzelne Wörter sondern auch die verstärkende Wirkung des ganzen Kontexts aufgezeigt wird.
Wer als “Monster” bezeichnet wird, welches “in miesen Kammern (!)” und “sogar (!) auf Parkplätzen” “weit (!) her gereiste” Leute “abmurkst” wird mit genau den Worten beschrieben wie sie im Billigroman für einen Meuchelmöder verwendet werden.
“Miese Kammern” und “sogar Parkplätze” sollen suggerieren, dass es sich um eine düstere Hinterhofangelegenheit handelt, vergleichbar mit billig käuflichem Sex oder im Falle von “Abmurksen” gar Mord und Totschlag.
Wenn ein Gericht dies als satirische Überhöhung durchgehen lässt, und beanstandet, dass das einzelne Wort nicht aus dem Zusammenhang gerissen werden sollte, so müsste es erkennen, dass die ersten o.g. Sätze eben gerade insgesamt verleumderisch sind.
Erst ab “Fast haben Sie mich überzeugt” wird dann billigste Satire sichtbar, aber das Gericht hat nicht argumentiert dass diese den verleumderischen Gehalt der Einleitung relativieren würde und der Text gibt dies auch nicht her.
Kurz und leider nicht gut: ich finde dieses Urteil skandalös.