Moralbelehrung und Interventionspflicht der Verteidigung

Das Bundesgericht hält die Ermahnung, der Beschuldigte “solle” die Wahrheit sagen, für rechtsfehlerfrei (BGer 6B_604/2012 vom 26.01.2014):

Der Einzelrichter hat ihn explizit darauf hingewiesen, dass er nicht zur wahrheitsgetreuen Aussage verpflichtet sei, er aber ermahnt werde, wenn er etwas sage,  solle es die Wahrheit sein. Das sei auch Ehrensache (…). Anhand der Tonaufnahme der Hauptverhandlung (…) ergibt sich, dass es sich in Bezug auf den Wahrheitsgehalt einer allfälligen Aussage lediglich um eine moralische Ermahnung und keine gesetzliche Verpflichtung handelte. Aufgrund der gesamten Belehrung konnte beim anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer 1 nicht der Eindruck entstehen, er sei für den Fall, dass er aussage, zur Wahrheit verpflichtet. Er wurde durch die Belehrung nicht in seinen Verfahrensrechten verletzt. Seine Aussage ist verwertbar. Demnach kann offenbleiben, ob der Verteidiger verpflichtet gewesen wäre, bei einer seiner Meinung nach offensichtlich fehlerhaften Belehrung zu intervenieren oder ob er sehenden Auges die vermeintlich unverwertbare Zeugeneinvernahme durchführen lassen durfte, um anschliessend deren Unverwertbarkeit zu rügen (vgl. vorstehend E. 3.4.3) [E. 3.4.4].

Ich halte diese Belehrung, die man auch in schärferer Form immer wieder hört, für falsch und sehe abgesehen davon nicht, wozu sie dienen soll.

Viel interessanter ist hier aber die Auffassung des Bundesgerichts, dass die Verteidigung sofort intervenieren muss und offenbar Fehler der Verfahrensleitung sofort auszubügeln hat.