Mörgeli c. Bürgisser oder Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich
Nach Art. 8 Abs. 1 BV sind vor dem Gesetz alle Menschen gleich. Dass dieser Grundsatz nicht absolut zu verstehen ist, belegt die Tatsache, dass man gegen gewisse Träger hoher öffentlicher Funktionen nur mit einer besonderen Bewilligung eine Strafuntersuchung einleiten darf, die von Trägern noch höherer öffentlicher Funktionen zu erteilen ist. Um der Bedeutung des Akts und des Ausstellers gerecht zu werden nennt man eine solche Bewilligung nicht einfach Bewilligung sondern Ermächtigung. Und weil Macht nicht gerne geteilt wird, neigen die Mächtigen dazu, Ermächtigungen nur zurückhaltend einzusetzen.
Das wird auch NR Mörgeli nicht unbekannt gewesen sein, als er im April 2012 Strafanzeige wegen OStA Bürgisser wegen Amtsgeheimnisverletzung eingereicht hat. Bürgisser hatte sich öffentlich und über Einzelheiten aus einer Strafuntersuchung gegen NR Blocher geäussert. Das Obergericht des Kantons Zürich hat die Ermächtigung zur Durchführung einer Strafuntersuchung gegen Bürgisser mit der Begründung verweigert, die preisgegebene Information sei bereits nicht mehr geheim gewesen. Von dieser Begründung mag man halten was man will, sie war jedenfalls endgültig. Dies hat NR Mörgeli nicht wahrhaben wollen und den Entscheid des Obergerichts an das Bundesgericht weitergezogen. Das Bundesgericht tritt nun auf seine Beschwerde nicht ein und bestätigt im Ergebnis, dass hier keine Ausnahme vom Grundsatz von Art. 8 BV vorliegt (BGer 1C_344/2012 vom 31.10.2012). Zweifel daran könnte begründen, dass das Bundesgericht den rechtlich eher banalen Entscheid in Fünferbesetzung gefällt und darauf verzichtet hat, dem beschwerdeführernden NR Verfahrenskosten aufzuerlegen, was wie folgt begründet wird:
Bei diesem Ergebnis wird der Beschwerdeführer an sich kostenpflichtig. Da ihn die Vorinstanz jedoch am Ermächtigungsverfahren beteiligt hat und weil ihm das die Geschädigtenstellung klärende Urteil des Bundesgerichts 1B_432/2011 bei Einreichung der Beschwerde noch nicht bekannt sein konnte, rechtfertigt es sich, umständehalber auf die Erhebung von Verfahrenskosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 BGG) [E. 4].
So haben dann alle ein bisschen das Gesicht gewahrt.
Ist es normal, dass sich ein Staatsanwalt, der in seiner amtlichen Funktion vor Gericht steht, sich durch einen privaten Star-Strafverteidiger vertreten lässt? Eigentlich müsste diese Kompetenz doch bei der Staatsanwaltschaft vorhanden sein! Nun ja, jedenfalls kann Herr Erni seine Rechnung nun an Herrn Mörgeli schicken.
Ich gehe davon aus, dass auch ein OStA das Recht hat, seinen Anwalt frei zu wählen und sich für einen Top-Anwalt zu entscheiden. Ich würde auf der anderen Seite aber auch erwarten, dass er ihn selbst bezahlt. Die Entschädigung, die NR Mörgeli übernehmen muss, wird kaum reichen, auch wenn der Aufwand in diesem Fall nicht so gross gewesen sein dürfte. Das spielt aber wohl alles keine Rolle, denn in dieser Liga zahlt man in der Regel nicht selbst.
Der Aufwand ist ja doch eigentlich immer grösser als die Entschädigung durch das Gericht. In einem solchen Verfahren sind sofort 10 Stunden Anwaltsarbeitszeit drin.
Wie meinen Sie das mit dem nicht selbst bezahlen in dieser Liga? In welcher Liga und wer bezahlt?
Es zahlt der Arbeitgeber oder eine Versicherung. Selbstzahler finden sich in privilegierten Kreisen nur ausnahmsweise.
Der Kommentar ist mehr als tendenziös. Die in ZH gestützt auf Art. 7 Abs. 2 lit. b (!) StPO vorgesehene Ermächtigung schützt auch den Werksarbeiter einer Zürcher Gemeinde vor muttwilliger Anzeige. Das hat nichts mit hoher öffentlicher Funktion zu tun.
So ist es. Und mich schützt das Gesetz und der Staatsanwalt vor mutwilliger Anzeige. Ist doch auch ganz gut, oder?
Die Rettung ist nur kanpp geglückt: Auch die Zürcher Lösung basiert auf einem Gesetz, in der Grundlage auf dem gleichen übrigens.
Oh, ich habe mich nicht retten wollen. Ich halte das gesetzliche Ermächtigungserfordernis für überflüssig, anerkenne aber selbstverständlich, dass es Gesetzgeber gibt, die einen solchen dem Staatsanwalt vorgelagerten Schutz für notwendig halten.
kj schrieb: “…anerkenne aber selbstverständlich, dass es Gesetzgeber gibt, die einen solchen dem Staatsanwalt vorgelagerten Schutz für notwendig halten.”
Nein, eben das gibt es nicht! Der Gesetzgeber hat dafür nur eine nicht richterliche Behörde vorgesehen!
Es gibt somit also keinen Gesetzgeber, der einen Schutz durch das Obergericht vorsehen wollte. Zumindest nicht der Bundesgesetzgeber.
Also Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO taugt sowieso nicht als Rechtsgrundlage, da gemäss Wortlaut eine “nicht richterliche Behörde” zu entscheiden hat.
Das sieht auch Prof. Franz Riklin im Kommentar zur neuen StPO so.
Dass sich schweizerische Gerichte nicht an unbequeme Gesetze halten, beweist einmal mehr, dass die Schweiz nicht mal Ansätze eines Rechtsstaates hat.
Es gibt Dinge die wir als Bananenrepubliken bezeichnen, die sich besser an die eigenen Gesetze halten.