Mutter ins Gefängnis, Kinder ins Heim
Das Bundesgericht kassiert einen Haftverlängerungsentscheid der Vorinstanz. Statt die Sache wie üblich an die Vorinstanz zurückzuweisen, entscheidet das Bundesgericht selbst und entlässt die Beschwerdeführerin aus der Haft (BGer 1B_379/2009 vom 19.10.2010). Wieso das Bundesgericht hier von der Norm abweicht, erklärt es mit dem Beschleunigungsgebot. Massgebend dafür dürfte nebst den Umständen des Falles auch sein, dass die Beschwerdeführerin ausdrücklich einen Entscheid des Bundesgerichts verlangt hat:
Im vorliegenden Fall genügt der angefochtene Entscheid diesen Erfordernissen offensichtlich nicht, enthält er doch weder den massgeblichen Sachverhalt noch eine verständliche Begründung für die Annahme des dringenden Tatverdachts und der Kollusionsgefahr. Grundsätzlich wäre der Entscheid daher gemäss Art. 112 Abs. 3 BGG aufzuheben und die Angelegenheit zur Verbesserung der Begründung an die kantonale Behörde zurückzuweisen (Urteil 1B_61/2008 vom 3. April 2008 E. 2.2 mit Hinweisen).
Nachdem jedoch bereits ein Schriftenwechsel durchgeführt worden ist, in welchem das Verfahrensgericht die massgebenden Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art nachgeschoben hat, und die Beschwerdeführerin in ihrer Replik dazu Stellung genommen hat, wobei sie einen Entscheid des Bundesgerichts in der Sache verlangt, rechtfertigt es sich zur Wahrung des Beschleunigungsgebots von einer Rückweisung abzusehen. Immerhin ist festzuhalten, dass das Bundesgericht Entscheide der vorliegenden Art künftig aufheben wird (E. 2).
In der Sache selbst bejaht das Bundesgericht den dringenden Tatverdacht und grundsätzlich auch die Kollusionsgefahr. Es schliesst aber trotzdem auf Gutheissung:
Der äussere Ablauf des Geschehens (Ausreise, Aufenthaltsorte) ist zwischenzeitlich weitgehend erstellt und wird von der Beschwerdeführerin auch nicht mehr bestritten. Insgesamt erscheint aufgrund der weit fortgeschrittenen Ermittlungen der Behörden die Verdunkelungsgefahr bei einer Freilassung der Beschwerdeführerin nicht so gross, als dass sie deren weitere Inhaftierung rechtfertigen würde. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die andauernde Inhaftierung der Mutter eine schwere Belastung für die Kinder (als Opfer der Straftat) bedeutet (E. 5.4).
Die der Beschwerdeführerin zu leistende Entschädigung beträgt CHF 4,000.00, also deutlich mehr als üblich (wohl aber immer noch kaum kostendeckend). Der Entscheid ist jedenfalls sehr zu begrüssen. Negativ ist eigentlich nur, dass das Bundesgericht in Aussicht stellt, solche Hafturteile in Zukunft zur Verbesserung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das ist wohl als “Drohung” gemeint, wird die Vorinstanz aber eher nicht beeindrucken. Sie kann jeweils mit guten Gründen davon ausgehen, dass ihre Entscheidungen – und seien sie noch so offensichtlich unzureichend begründet – nicht ans Bundesgericht weiter gezogen werden. Unzureichende Entscheide persönlich zu verantworten, hat ein fehlbarer Richter bekanntlich nicht.
Unzureichende Entscheide persönlich zu verantworten, hat ein fehlbarer Richter bekanntlich nicht.
Aergerlich einmal mehr dies pauschale Aussage. Was wäre dann angsagt? Rollender Kopf? Finanzstrafe? Lohnkürzung?
Wer beurteilt was unzureichend ist? Und wer beurteilt die Fehlbarkeit? Wohl die unzufriedenen Anwälte, wenn die Richter nicht nach ihren Ansichten entscheiden…………..
Was die Parteien und ihre Anwälte denken, ist nicht relevant. Was die höhere Instanz tut hingegen schon. Ich will keine rollenden Köpfe, aber Verantwortlichkeit für offensichtliches Fehlverhalten. Es kann doch nicht sein, dass dieselben Richter dieselben Fehler wiederholen und sich schlicht nicht darum kümmern, was die oberen Instanzen sagen.