Nach verbüsster Freiheitsstrafe die Sicherheitshaft
Auch wenn das Obergericht des Kantons Aargau ausnahmsweise einen täterfreundlichen Entscheid fällt, liegt es falsch. Das Bundesgericht heisst zwei Haftbeschwerden der Staatsanwaltschaft gut und verhindert – ursprünglich sogar superprovisorisch – die Entlassung eines Mannes aus der Sicherheitshaft (BGer 6B_850/2015 und 6B_942/2015 vom 08.10.2015), der die Strafe bereits vollständig verbüsst hatte. Sozusagen als Beifang entscheidet das Obergericht auch gleich, dass die Anordnung einer Massnahme auch nach vollständig verbüsster Strafe zulässig sei (Art. 65 Abs. 1 StGB).
Offen lässt das Bundesgericht aus unverständlichen Gründen die absolut entscheidrelevante Frage, ob nämlich die Sanktion nachträglich auch dann noch geändert werden kann, wenn die verbüsste Strafe im abgekürzten Verfahren vereinbart worden war:
Das Gesetz sieht die Möglichkeit der nachträglichen Anordnung einer stationären Massnahme in Art. 65 Abs. 1 StGB ausdrücklich vor. Das Gericht kann danach eine solche Massnahme nachträglich anordnen, wenn bei einem Verurteilten vor oder während des Vollzugs einer Freiheitsstrafe die entsprechenden Massnahmenvoraussetzungen gegeben sind. Ausgehend hievon und in Anbetracht dessen, dass das Gutachten dem Beschwerdegegner eine schwere psychische Störung diagnostiziert und es von einer sehr hohen Rückfallgefahr für Gewaltdelikte ausgeht, kann nicht gesagt werden, die nachträgliche Anordnung einer stationären therapeutischen Massnahme sei zum vornherein ausgeschlossen. Damit ist das Erfordernis der hinreichenden Wahrscheinlichkeit in Bezug auf die Massnahmenanordnung im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung gegeben (vorstehend E. 3). Ob die Voraussetzungen für eine Änderung der Sanktion nach Art. 65 Abs. 1 StGB vorliegen und ein solcher Wechsel von einer reinen Strafe zur Massnahme mit übergeordnetem Recht – unter Berücksichtigung auch des Umstands, dass das Urteil vom 15. August 2013 im abgekürzten Verfahren erging – überhaupt vereinbar ist, ist nicht im Haftprüfungsverfahren zu beurteilen, sondern im Verfahren betreffend die nachträgliche Änderung der Sanktion nach Art. 65 Abs. 1 StGB i.V.m. Art. 363 ff. StPO. Das Bundesgericht hat sich hierzu noch nie abschliessend geäussert (E. 4.4).
Damit bleibt der Beschwerdeführer in Haft, obwohl die beantragte Massnahmen möglicherweise gar nicht angeordnet werden darf.
Diebstahl ist ein Verbrechen (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren).